Laut, lauter, WM
11. Juni 2014Wenn die Würstchen in den Farben Schwarz-Rot-Gold verpackt sind, wenn Grillanzünder und Holzkohle im Supermarkt zu Mangelware werden und wenn Kinder auf dem Schulhof bunte Fußball-Sticker für ihre Sammelalben tauschen, dann ist klar: Die Fußball-Weltmeisterschaft steht vor der Tür. Fans, jung und alt, freuen sich auf das Turnier, die Wirtschaft auch. Denn der Markt für Fanartikel boomt und verspricht den Herstellern üppige Gewinne.
"Wenn man das Fanartikelbusiness im Fußball in Deutschland betrachtet, dann geben die Fans insgesamt ein Volumen von knapp einer Milliarde Euro im Jahr aus", sagt Sportmarketingexperte Peter Rohlmann. Darin enthalten sind die Ausgaben für den Profifußball, die Amateur-Clubs, die Nationalmannschaft und im Rahmen einer Welt- oder Europameisterschaft die Ausgaben für FIFA-Lizenzartikel.
30 Millionen Euro Umsatz in wenigen Wochen machte allein eine kleine Firma aus Monheim, die zur WM 2010 in Südafrika die Vuvuzela nach Deutschland gebracht hat. "Unseren Titel, den Fanartikel-Weltmeistertitel aus dem Jahr 2010, werden wir auch 2014 verteidigen", zeigt sich Gerd Kehrberg, einer der drei Geschäftsführer der Firma Brandivision, siegessicher. Zusammen mit seinen Partnern will er an den Erfolg der Vuvuzela anknüpfen und dafür suchte er eifrig nach einem neuen "Krachmacher" für die WM in diesem Jahr.
Gute Musik ist Geschmackssache
"Um die Atmosphäre zu schnuppern, sind wir in Düsseldorf in ein brasilianisches Bistro gegangen. Nach dem vierten Cocktail hatten wir die Idee, wie wir es machen müssen", sagt Kehrberg. Daraus ist dann die Combinho entstanden - ein Instrument bestehend aus einer Rassel, Trommel, Ratsche und Pfeife. Alles, was den brasilianischen Klang verkörpert. Um dieses Instrument benutzen zu können, braucht man offenbar keine Musikkenntnisse - eine Bedienungsanleitung gibt es nicht. "Trommeln kann jeder. Es muss sich ja auch nicht immer gut anhören", sagt Kehrberg. Die Vuvuzela habe sich auch nicht immer gut angehört. "Und letztendlich ist es im Fußball auch so, dass es erst einmal laut sein muss". Und das ist die Vier-Instrumenten-Kombination auch ohne Zweifel.
Wen interessiert schon die Taktik?
Als ob wir zuhause nicht irgendwo Trommeln oder Pfeifen liegen hätten. Wozu kaufen sich die Menschen also solche Fanartikel? Es geht doch um die Kunst auf dem Rasen, um Tore und Taktik. Oder? Nein, nicht wirklich, sagt Sebastian Uhrich, Professor an der Sporthochschule Köln: "Aus der Psychologie wissen wir, dass Menschen das Bedürfnis haben, sich selbst in bestimmte Gruppen einzuordnen. Anderen zeigen sie damit, wer sie sind, welchen sozialen Kategorien sie angehören", sagt Uhrich. Eine Weltmeisterschaft sei da ein ganz besonderes Ereignis, bei dem dieses Verhalten zum Ausdruck gebracht werde. Ein solches Turnier stecke alle Menschen an, egal ob man sich nun sonst für Fußball interessiert oder nicht, dem WM-Fieber entkommt fast niemand.
Das war aber in Deutschland nicht immer so. Erst seit einigen Jahren sind verstärkt Fanartikel, die die nationale Zugehörigkeit zeigen, auf den Straßen sichtbar. Die deutsche Flagge einfach so aus dem Fenster hängen lassen, sie auf Auto-Seitenfenster spannen, wie in vielen anderen Ländern - das war in Deutschland lange nicht akzeptiert. Bis 2006 - als die WM im eigenen Land ausgetragen wurde. Es war das Schlüsselerlebnis, bei dem "es den Deutschen zum ersten Mal ein bisschen leichter gefallen ist, ihre nationale Zugehärigkeit mit Stolz zu zeigen", sagt Uhrich. Und es war auch ein Schlüsselerlebnis für die Fanartikel-Industrie. Schwarz-Rot-Gold verkaufte sich seitdem in großem Umfang. Auch die Combinho trägt die Farben der deutschen Flagge. "Wir erwarten einen ähnlich starken Umsatz wie mit der Vuvuzela", sagt Gerd Kehrberg.
Renner seit 40 Jahren
Nicht nur die Krachmacher laufen gut zur WM-Zeit. Auch die weltberühmten Panini-Sticker sind ein Renner. Und das ununterbrochen seit mehr als 40 Jahren: Das erste Album zur WM in Deutschland gab es zur Heim-WM 1974. "Ein sehr beliebter Panini-Markt ist Brasilien. Unabhängig davon, ob dort eine Weltmeisterschaft stattfindet oder nicht", sagt Christine Fröhler vom Panini-Verlag. In Europa wiederum sei Deutschland ganz vorne mit dabei. "Der absolute Hype war 2006 durch die Heim-WM in Deutschland. Das war schon ein Höhepunkt in der Panini-Geschichte." Diese Bestmarke von 2006 würde das Unternehmen 2014 gern erneut erreichen.
Der Countdown läuft. Am Donnerstag geht es los - auf dem Rasen und auf den Fanmeilen weltweit. Die Kassen der Hersteller von Fußball-Fanartikeln sind jetzt schon gefüllt.