Lauten-starker Jazz aus Palästina
5. Dezember 2005Während Samir, der Älteste, schon einige Jahre auf den internationalen Bühnen unterwegs ist, holte er Bruder Wissam erst 2002 dazu, Youngster Adnan folgte 2004. Als Trio Joubran begeistern sie ein immer größeres internationales Publikum. Dabei gelingt ihnen locker der Spagat zwischen den Freunden arabischer Musik und den Besuchern großer Jazzfestivals.
Politik spielt immer mit
Samir Joubran ist es gewohnt, in Interviews nicht nur über Musik, sondern auch über Politik zu reden. "Für uns sind Nachrichten das tägliche Brot", sagt er. "Ich wünschte, das würde sich ändern, aber selbst meine kleine Tochter redet schon über Politik. Das wird so bleiben, so lange wir unter der Besatzung leben." Es gibt wohl nicht viele Gegenden auf der Erde, in denen selbst eine zumeist instrumentale Musik so schnell und scheinbar automatisch in die Mühlen der Politik gerät. Dabei sind die Konzerte des Trios, jedenfalls in Europa, zumeist brillante Performances zwischen cooler Zurückhaltung und innigster Kommunikation. Und frei von Politik.
Jeder ist ein Bandleader
Die Besetzung allein ist schon spektakulär. Der libanesische Oud-Spieler Rabih Abou-Khalil vergleicht sein Werkzeug, die fünfsaitige arabische Laute, gern mit dem Piano, dem klassischen europäischen Instrument des Bandleaders. Und so sitzen da also gleich drei Bandleader auf der Bühne beim Trio Joubran, Söhne des bekanntesten Oud-Bauers Palästinas. "Für ein arabisches Publikum ist das etwas absolut Außergewöhnliches, wenn sie uns erleben. Und für uns ist das eine große Herausforderung", erklärt Samir. "Aber jeder von uns hat seine eigene Persönlichkeit. Und es gibt genügend wunderschöne Sounds, die man aus diesen fünf Saiten herausholen kann."
Auf klassische Songlänge sind die Joubrans nicht festgelegt. Ein Track kann schon mal gegen episch tendieren, wie das mehr als 18-minütige Stück "Safar" auf der CD "Randana", die als erstes gemeinsames Werk der drei erschienen ist, auf dem eigenen gleichnamigen Label Randana. "Safar" zeigt die Brüder in großartiger Form, der Übergang von geschriebenem Material hinein in die Improvisation ist fließend.
Die Stücke entstehen beim Spielen
Allgegenwärtig ist der Respekt vor dem Können und den Tönen der anderen - bei jedem Einzelnen. "70 Prozent der Musik ist nicht geschrieben", erklärt Samir Joubran die Vorgehensweise der Band. "Ich will improvisieren. Das hat seine Ursache darin, dass jeder von uns eine starke Persönlichkeit ist. Und in der Improvisation gibt es eine Menge an Dialog zwischen uns. Dafür ist das Instrument ideal. Denn die Oud ist die Mutter der Gitarre."
Coverversion des Vergessenen
Dass das Trio auch anders kann, zeigt der Track "Ahwak" - ein Song, der in den 50er-Jahren von Mohamed Abdel Wahab geschrieben und von Abdel Halim Hafez gesungen wurde, zwei der größten ägyptischen Musiker des letzten Jahrhunderts.
"Ich liebe diesen Song", sagt Samir, "er war sehr bekannt früher und ist ein bisschen in Vergessenheit geraten. 'Ahwak' heißt 'Ich liebe Dich', und ich will damit zeigen, dass die Leute in Ramallah immer noch Liebe in sich haben." "Ahwak" ist ein deutlicher Kontrapunkt zum Rest der CD. Aufgenommen in Ramallah, geht er recht schnell in Richtung Tanzmusik, und Samir steuert selbst den Gesang bei.
"In Palästina rede ich nur über Liebe"
2005 waren die drei nur zu einem Auftritt in Palästina selbst. Samir: "Mir gibt das Energie für ein ganzes Jahr. Wir denken über eine Tour nach, die durch ganz Palästina führt, nicht nur nach Ramallah. Hebron, Bethlehem, Nazareth, Jerusalem, überall. Die Leute dort haben es verdient, dass sie unsere Musik hören können. Und eins ist klar: In Palästina rede ich nicht über Politik, sondern nur von der Liebe."