Das Leben der Menschen nachhaltig verbessern
21. Januar 2020Ihre Jacke war zu dünn und die Schuhe für den Schnee zu rutschig, das erkannte Maryam Uwais sehr schnell, als sie auf dem Flughafen in Zürich eintraf. Die Nigerianerin kaufte das Nötigste an Winterbekleidung auf dem Flughafen, dann ging es weiter mit der Bahn durch die schneebedeckten Berge zum Weltwirtschaftsforum nach Davos. Uwais ist Anwältin und Menschenrechtsaktivistin. Aktuell berät sie den Vizepräsidenten Nigerias bei der Einführung von Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut. "In unserer Gesellschaft gibt es nach wie vor eine große Ungleichheit", erzählt sie. "Wir haben immer noch sehr viele arme Menschen".
Uwais will das ändern. Sie hat im Auftrag der Regierung einen Sozialfonds eingerichtet aus dem eine Art Sozialhilfe für die Armen finanziert wird. Die Auszahlung ist kompliziert, denn die Armen leben oft in Gegenden ohne Internet und haben oft keinen Zugang zu Mobiltelefonen oder es gibt einfach keinen Strom. Mit Unterstützung der Weltbank baut sie ein sicheres System auf, das die Armen registriert und gewährleistet, dass das Geld auch die Betroffenen erreicht. 900.000 Menschen wurden bereits unterstützt. Bei jedem wurde genau erfasst, wie viele Menschen zum Haushalt gehören, wie viele Frauen, Männer und Kinder. Außerdem, ob es einen Zugang zu Wasser gibt und vieles mehr. "Es ist noch viel zu tun", weiß Uwais.
Vorbildliche Arbeit für die Benachteiligten
Die Nigerianerin wurde von der Schwab Stiftung als "Public Social Intrapreneur" für ihr innovatives Engagement innerhalb öffentlicher Strukturen ausgezeichnet. Intrapreneure sind Menschen, die innerhalb einer Organisation oder Regierung den Wandel vorantreiben. Über 20 Sozialunternehmer sind zum diesjährigen Weltwirtschaftsforum, WEF, eingeladen worden. Sie sprechen für die Benachteiligten in dieser Welt und leisten Arbeit, die für viele als vorbildlich gilt. So wie Megan Fallone. Die Australierin leitet das Barefoot College (Barfuß-Akademie), das 1971 in Indien gegründet wurde.
"Meine Organisation hat in den 47 Jahren seiner Existenz viereinhalb Millionen Menschen ausgebildet. Wir haben sauberes Licht zu mehr als einer Million Menschen in 93 Ländern gebracht mit unserem Programm für den ländlichen Raum, das von Frauen umgesetzt wird, die nie eine formale Ausbildung hatten", erzählt sie voller Energie beim Treffen in 1800 Meter Höhe über dem Davoser Dorf.
Ein Projekt des Barefoot College ist die Ausbildung von Frauen zu sogenannten Solar-Ingenieurinnen im indischen Tilonia. Sie lernen Solarlampen zu bauen, zu installieren, zu betreiben und wenn nötig auch wieder zu reparieren und haben damit eine Erwerbsmöglichkeit.
Sozialunternehmer mit Wirkung
Welche Wirkung Sozialunternehmer haben können, hat die Schwab Stiftung aktuell untersucht. Die Stiftung unterstützt seit 20 Jahren Sozialunternehmer mit Know-How und dem eigenem Netzwerk. Heute gehören dazu 384 Sozialunternehmer auf der ganzen Welt. Gegründet wurde die Schwab Stiftung für Sozialunternehmer von Hilde Schwab und ihrem Mann Klaus Schwab, der auch Gründer des Weltwirtschaftsforums ist. Der Bericht führt auf, dass die betreuten Sozialunternehmer mit ihrer Arbeit nachhaltig das Leben von 622 Millionen Menschen in 190 Ländern verbessert haben.
"Dieser Bericht zeigt deutlich, dass das Modell sozialer Innovation kein Model mit beschränkter Wirkung ist, sondern angesichts der großen globalen Herausforderungen weit darüber hinaus geht", betont Hilde Schwab, Mitbegründerin und Vorsitzende der Schwab Stiftung.
Kleine Gruppe beim WEF
3000 Teilnehmer aus der ganzen Welt vermeldet das Weltwirtschaftsforum in diesem Jahr, die Sozialunternehmer sind mithin nur eine kleine Gruppe. Doch sie sitzen auf den großen Diskussionsforen als Teilnehmer, haben Treffen mit Regierungsvertretern und Unternehmenschefs. Ihr Modell des unternehmerischen Handelns mit gesellschaftlicher Wirkung gilt als zukunftsweisend.
"Es ist doch unglaublich, dass wir im Jahr 2020 immer noch viele Formen von Armut in Lateinamerika haben. Wir haben Regierungen, die einfach nicht wissen, was die Menschen wirklich brauchen. Deshalb haben wir Proteste in Kolumbien, in Chile und anderen Ländern", sagt Martin Burt der sein erstes Sozialunternehmen in Paraguay gründete und mittlerweile die Schwab Stiftung berät.
Blockchain zur Armutsbekämpfung
Gefragt sind Lösungen, die moderne Technologien bei der Bekämpfung von Armut und Ungleichheit bieten. Auch hier entwickeln Sozialunternehmer wegweisende Projekte. Der Ire Joseph Thompson ist ein Blockchain-Pionier. Sein Unternehmen, AID-Tech, will Geldüberweisungen transparent, sicherer und günstig für alle machen. "Blockchain für das Soziale", nennt er seine Arbeit im Gespräch mit der DW.
Das Problem: Geldüberweisungen von Menschen, die außerhalb ihres Heimatlandes arbeiten, kosten durchschnittlich 7 Prozent Gebühr. Die Weltbank schätzt, dass allein 550 Milliarden US Dollar in diesem Jahr in die Entwicklungsländer in Form dieser Überweisungen fließen. Das sei mehr als alle Investitionen von multinationalen Unternehmen in Entwicklungsländer zusammen.
Joseph Thompson will die Transfergebühren massiv senken und hat bereits erfolgreiche Blockchain-Projekte in Tansania, Serbien und vielen weiteren Ländern aufgesetzt. Schon 33 Mal wurden er und sein Unternehmen ausgezeichnet, darunter als Blockchain-Pioneer für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und nun auch als Sozialunternehmer von der Schwab Stiftung.
"Das Leben der Menschen verbessern" ist sein Ziel, dafür nutzt er Netzwerke und dafür will er auch auf dem 50. Weltwirtschaftsforum in Davos werben.