Harte Strafe für Exil-Autorin Selek
24. Januar 2013Der türkischen Schriftstellerin und Soziologin, die zeitweise in Deutschland lebte, war vorgeworfen worden, an einem Sprengstoffanschlag auf einen Markt in Istanbul im Jahr 1998 beteiligt gewesen zu sein. Die Vorgänge sind weiter heftig umstritten, auch weil Gutachter einen Unfall mit einer Gasexplosion für wahrscheinlich hielten.
Bei der Explosion waren damals sieben Menschen ums Leben gekommen. Selek wurde festgenommen, als Bombenlegerin angeklagt und zweieinhalb Jahre inhaftiert. Nach eigenen Angaben wurde die Anhängerin der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) damals schwer misshandelt.
Zwischenzeitlich freigesprochen
Istanbuler Richter hatten sich dann in einem Mammutverfahren in den Jahren 2001, 2006 und 2011 für Freisprüche in dem Prozess entschieden. Das Oberste Gericht des Landes hatte diese Entscheidungen aber jeweils aufgehoben. Menschenrechtler sprechen von einem politisch motivierten Verfahren.
Tatsache ist: Selek beschäftigt sich seit Jahren mit der Kurdenproblematik, der Minderheitenpolitik und den Geschlechterrollen in der Türkei. Sie lebt inzwischen in Straßburg in Frankreich. Bei der Urteilsverkündung war sie nicht anwesend. Selek hatte vor der Bekanntgabe der Entscheidung erklärt, im Falle eines endgültigen Freispruches wolle sie in die Türkei zurückkehren.
"Willkürurteil erster Güte"
Am Rande des Prozesses in Istanbul kam es erneut zu Protesten gegen das Verfahren. Der deutsche Journalist und Autor Günter Wallraff kritisierte die Entscheidung als "Willkürurteil erster Güte". Die Schriftstellervereinigung PEN-Zentrum Deutschland erklärte: "Der PEN protestiert aufs Schärfste gegen diese Gerichtsentscheidung, die massive Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit der Türkei nährt." Es handele sich um eine beispiellose Prozessfarce. "Derselbe Richter, der Pinar Selek dreimal freigesprochen hat", habe nun die "definitive Aufhebung des Freispruchs" bestätigt.
haz/SC (afp, dpa, rtr)