Arbeiten in anderen EU-Ländern
26. April 2013Europäer sollen nach dem Willen der EU-Kommission leichter im EU-Ausland arbeiten können. Arbeitskommissar Laszlo Andor machte dazu in Brüssel Gesetzesvorschläge. Viele Bürger würden in diesem Bereich ihre Rechte nicht kennen, so Andor zur Begründung. Er möchte deshalb nationale Unterstützungs- und Informationsstellen einrichten. Organisationen wie Gewerkschaften müssten die ausländischen Arbeitnehmer vor Gericht oder Behörden vertreten dürfen.
"Freizügigkeit Schlüsselprinzip des EU-Binnenmarktes"
Obwohl Europäer grundsätzlich das Recht haben, in jedem der 27 EU-Staaten zu leben und zu arbeiten, scheitern sie oft an bürokratischen Hürden oder Diskriminierung der Arbeitgeber. Laut EU-Kommission erhalten Arbeiter aus Ländern mit niedrigerem Lohnniveau zum Beispiel ein geringeres Gehalt als Bürger ihres Gastlandes. Auch langjährige Erfahrung im Herkunftsland werde bei der Einstufung in Gehaltsklassen nicht immer anerkannt. Sportler müssten Nachteile befürchten, weil bestimmte Verbände Quoten für eigene Staatsangehörige festschrieben.
"Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist ein Schlüsselprinzip des EU-Binnenmarktes", betonte Andor. "Da die Arbeitslosigkeit derzeit in einigen Mitgliedsstaaten viel höher ist als in anderen, ist es umso wichtiger, jenen, die es wollen, die Arbeit in einem anderen EU-Land zu erleichtern." In Spanien und Griechenland ist mehr als ein Viertel der Menschen arbeitslos. Frankreich meldete am Vortag Rekordzahlen: Ende März waren dort 3,225 Millionen Menschen ohne Arbeit. Das ist die höchste Zahl, die in der nach Deutschland zweitgrößten Euro-Volkswirtschaft jemals registriert wurde
Rumänen, Iren und Portugiesen am mobilsten
Deutsche ziehen unter allen Europäern übrigens am seltensten für den Job ins EU-Ausland. Weniger als ein Prozent der deutschen Arbeitnehmer arbeitete der europäischen Statistikbehörde Eurostat zufolge 2012 in einem anderen europäischen Land. Am mobilsten sind Arbeitnehmer aus Rumänien, Irland und Portugal: Mehr als jeder zehnte Beschäftigte aus diesen Ländern arbeitete in einem fremden EU-Staat.
EU-Kommissar Andor ging in diesem Zusammenhang auch auf die Beschwerde von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich über wachsende Probleme mit illegaler Einwanderung aus den östlichen EU-Staaten ein - und hatte dafür wenig Verständnis. Andor bezeichnete die Kritik von Friedrich und seinen Amtskollegen aus Großbritannien, den Niederlanden und Österreich als aufgebauscht. Die vier Minister hatten in einem Brief an die EU-Kommission und die irische EU-Ratspräsidentschaft gefordert, über schärfere Sanktionen gegen Migranten in der EU zu beraten. "Wir befürchten, diese Diskussion ist aus innenpolitischen Gründen aufgebauscht", so der Kommissar. Die Minister hätten keine Fakten vorlegen können, ob das Problem im beklagten Ausmaß überhaupt besteht.
Zweifel am Ausmaß der Zuwanderung
In Deutschland klagen viele Städte über vermehrte Zuwanderung von EU-Bürgern aus den ärmsten Ländern Rumänien und Bulgarien. In dem Schreiben monieren die vier Innenminister, viele Kommunen seien derzeit "beachtlicher Belastung durch bestimmte Immigranten aus Mitgliedsstaaten" ausgesetzt. Diese verursachten hohe Kosten durch Unterbringung, Schul- oder Gesundheitsversorgung. Eine deutliche Zahl der Zuwanderer erschwindele außerdem Sozialleistungen. Friedrich fordert deshalb ein zeitlich begrenztes Rückreiseverbot für Zuwanderer, die nach unberechtigtem Aufenthalt ausgewiesen wurden. Die Betrugstatbestände und die Sanktionen dagegen müssten in der entsprechenden EU-Richtlinie genau festgelegt werden.
Andor bezweifelte indes, dass es einen nennenswerten Zuzug aus den östlichen EU-Staaten gibt. Nach Erkenntnissen der Kommission gingen zwei Drittel der ausreisenden Rumänien nach Spanien und Italien. Die Bedenken der nördlichen EU-Staaten seien deshalb mit Vorsicht zu genießen. Auch beklage die britische Regierung schon seit Jahren einen Missstand, ohne jemals konkrete Zahlen vorgelegt zu haben.
sti/kle (rtr, dpa)