Leoparden-Trophäe für Juliette Binoche
16. August 2014Mit Juliette Binoche wird in Locarno eine französische Star-Schauspielerin geehrt, die nicht nur den europäischen Autorenfilm repräsentiert, sondern auch Weltkarriere gemacht hat. Filme wie "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" (1987), "Die Liebenden von Pont-Neuf" (1991) und "Der englische Patient" (1996) gehören zu ihren großen Erfolgen, mit namhaften Film-Partnern wie Jeremy Irons, Ralph Fiennes, Richard Gere und Johnny Depp.
Der Excellence Award für herausragende Schauspielkunst wird seit zehn Jahren auf dem Filmfestival in Locarno vergeben. Mit der Auszeichnung reiht sich die 50-jährige Juliette Binoche nun in die illustre Riege von Schauspielern wie John Malkovich, Charlotte Rampling und Isabelle Huppert.
Die "junge Wilde" des französischen Kinos
Gleich zu Beginn ihrer Karriere erhält sie für ihre erste Hauptrolle in "Rendez-Vous" von André Téchiné im Jahr 1985 den Romy-Schneider-Preis als beste Nachwuchs-Schauspielerin und Standing Ovations auf dem Filmfestival in Cannes. Sie wird damals als die Entdeckung des Jahres gefeiert. Da ist sie gerade mal 20 Jahre alt und spielt schon mit einer leidenschaftlichen Intensität und ungehemmter Körperlichkeit, die man auch in ihren späteren Filmen sehen wird.
Mit Leos Carax dreht Juliette Binoche dann den Film "Die Nacht ist jung". Der Regisseur gilt als der "junge Wilde" des französischen Kinos. Die beiden werden ein Paar. Mit ihm dreht sie unter schwierigen Umständen "Die Liebenden von Pont-Neuf". Erst nach dreijähriger Produktionszeit wird der Film 1991 fertig. Für diese, wieder mit unglaublicher Intensität, gespielte Rolle erhält sie den Europäischen Filmpreis.
Beginn einer Weltkarriere
Mit 23 Jahren bekommt sie die Hauptrolle in ihrem ersten amerikanischen Film: "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" unter der Regie von Philip Kaufman. Zehn Jahre später erhält sie für ihre Rolle in "Der englische Patient" einen Oscar und erneut den Europäischen Filmpreis. Eine weitere Oscar-Nominierung bringt ihr die Hauptrolle in dem Film "Chocolat" an der Seite von Johnny Depp.
Sie wird zu einem gefeierten Star des Weltkinos und findet Anerkennung als eine der größten Schauspielerinnen der Filmgeschichte. Für ihre Schauspielerleistung in dem Kinofilm "Die Liebesfälscher" wird "die Binoche" - wie sie inzwischen genannt wird - 2010 in Cannes als beste Darstellerin ausgezeichnet. Dieser Film ist auch einer von drei Filmen, die ihr zu Ehren in Locarno zu sehen sind. "Clouds of Sils Maria" von Regisseur Olivier Assayas - ihr aktueller Film - wird auf der Piazza Grande gezeigt.
Ehrenleopard für Agnès Varda
Den wichtigsten Ehrenpreis des Filmfestivals Locarno - den Ehrenleopard - erhält jedes Jahr eine der großen Persönlichkeiten des Autorenfilms, in der Regel ein Regisseur, der kreative Massstäbe gesetzt hat. Dieses Mal geht der Preis an die Belgierin Agnès Varda, die mittlerweile 86-Jährige und immer noch aktive "Grande Dame der Nouvelle Vague" und wohl berühmteste Regisseurin der Filmgeschichte.
Unter den bisherigen Preisträgern des Ehren-Leoparden finden sich französische Filmemacher wie Jacques Rivette, Jean-Luc Godard oder Leos Carax, deutsche Filmemacher wie Werner Schroeter, Wim Wenders oder Werner Herzog, amerikanische wie Samuel Fuller und Sydney Pollack, der Italiener Bernardo Bertolucci, der Engländer Ken Loach und der Iraner Abbas Kiarostami.
Agnès Varda kannte zu Beginn ihrer Karriere kaum Filme und war völlig unbeeinflusst von den filmischen Visionen anderer Regisseure. So konnte sie, wie sie gern erzählt, ganz naiv und zugleich sehr wagemutig ans Filmemachen herangehen. "Ich war Fotografin", sagt sie im Gespräch mit der Deutschen Welle, "und bin es auch geblieben. Das war mehr oder minder meine Art, die Dinge zu sehen." Ihren ersten langen Spielfilm dreht sie 1954 im Alter von 26 Jahren: "La Pointe Courte". So heisst das Fischerdorf, im Film das Gegenstück zur Grossstadt Paris. Die Hauptrolle spielt Philippe Noiret in seiner ersten Filmrolle, geschnitten hat den Film kein Geringerer als Alain Resnais, später selbst ein berühmter Regisseur.
Selbstporträt am Strand
Die Schauplätze ihrer französischen Filme (sie drehte auch in den USA) sind mal Paris und mal die Dörfer der Provinz, die sie besonders liebt. Und immer wieder: das Meer, der Strand, das scheint eine persöhnliche Sehnsucht zu sein. "Die Strände von Agnès" heißt bezeichnenderweise eines ihrer späten Werke – ein Selbstporträt, entstanden 2008, das auch auf dem Filmfestival in Locarno zu sehen ist. Zu ihren bekanntesten Spielfilmen gehören "Das Glück" (1964) und "Die Geschöpfe" (1966), in dem Agnès Varda mit den Filmstars Catherine Deneuve und Michel Piccoli zusammenarbeitet. Doch ihr berühmtester und erfolgreichster Film ist "Vogelfrei" (1985). Damit gewann Agnès Varda einst in Venedig den Goldenen Löwen. Zu Ehren der französischen Filmregisseurin zeigt das Festival in Locarno neun ihrer Filme, gedreht zwischen 1961 und 2011.
Regisseur Roman Polanski erhält in Locarno keinen Ehrenpreis. Sein Film "Venus im Pelz", der voriges Jahr bereits im Kino lief, sollte auf der Piazza Mittelpunkt eines ihm gewidmeten Abends sein. Jetzt wird er versteckt hinter zwei vorgeschobenen Filmen, erst nach Mitternacht gezeigt. Die Einladung an ihn hatte schon vor Beginn des Festivals für Diskussionen und zuletzt für seine Absage gesorgt.
Weitaus besser platziert, findet sich ein anderer Polanski-Film im Festivalprogramm von Locarno: der Klassiker "Rosemary's Baby" aus dem Jahr 1968. Doch dieser Film ist ein Tribut an seine damalige Hauptdarstellerin Mia Farrow. Sie erhält in Locarno den "Leopard Club Award", der in diesem Jahr erst zum zweiten Mal vergeben wird. Den ersten Award bekam im vergangenen Jahr die amerikanische Schauspielerin Faye Dunaway.