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Glaube

Letzte Chance für Glaube

20. Januar 2024

Das neue Jahr hat angefangen und damit starten auch die neuen Vorsätze. Wobei: So richtig neu sind sie nicht. Ein Beitrag der katholischen Kirche.

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Symbolbild | Schriftzug | Gute Vorsätze am Jahreswechsel
Bild: Christian Ohde/Imago Images

Ich will gerne weiter Sport machen, mehr Dinge, die mich langfristig glücklich machen, und weniger von dem, was mich nur kurzfristig befriedigt. Das klingt jetzt ein bisschen wie die 08/15 Neujahrsansprachen. Aber eigentlich bin ich, wenn ich auf die letzten Jahre schaue, ganz zufrieden mit meinen Vorsätzen – zumindest mit meinen sportlichen. 

Doch eine Sache beschäftigt mich von Jahr zu Jahr immer mehr: Wo stärke ich meinen Glauben und meine Spiritualität? Dafür gibt es nicht wirklich ein Fitnesscenter. Natürlich, ich könnte auch in den Sonntagsgottesdienst gehen. Aber das fühlt sich ein bisschen so an, wie als Neuling im Fitnessstudio in die Pumper-Ecke zu gehen. Misstrauische Blicke, gepaart mit Ignoranz und "Hat er sich verirrt?". 

Ja, dem Glauben nochmal eine Chance zu geben ist gar nicht so einfach, denn es fehlt an Möglichkeiten, sich auf Einsteigerbasis damit zu beschäftigen. Ich würde mir wünschen, dass der Neujahrsvorsatz "den eigenen Glauben stärken" genauso einfach wäre wie sich im Fitnessstudio anzumelden. Da werde ich herzlich willkommen geheißen, ich darf alle Geräte und Übungen mal ausprobieren und anschließend wird mir ein individueller Trainingsplan geschrieben. Ab dann heißt es, sich eigenständig um den eigenen Vorsatz zu kümmern. Egal ob ein, zwei oder drei Mal die Woche ...oder ab März dann zwei Mal im Monat, wenn wir realistisch sind.  

Doch dieses Jahr kann es anders werden. Dafür ist dieser Artikel da. Aus den letzten Jahren meiner Arbeit und der persönlichen Beschäftigung mit dem Thema habe ich drei Tipps für den Neujahrsvorsatz "sich wieder mehr mit Glaube und Spiritualität beschäftigen” zusammengestellt. 

1. Nimm deine Sicht auf die Welt ernst 

Spiritualität bezeichnet einen Blick auf die Welt, der davon ausgeht, dass mehr als das Empirisch-Faktische existiert. Ein Zugang dazu kann sein, deine eigene Sicht auf die Welt bewusst wahrzunehmen: Welche Annahmen habe ich eigentlich? Wie sehe ich die Welt? 

Oft wird Glaube mit der Annahme von Wahrheiten verbunden: Jesus ist Gottes Sohn, die Kirche hat eine Mission und so geht Beten. All diese Dinge mögen auch ihren Wert haben. Wenn es aber darum geht, für dich selbst wieder einen Zugang zu finden, helfen dir vorgefertigte Antworten wenig. 

Umso wichtiger, dass du dich davon nicht verunsichern lässt. Ein guter erster Schritt ist es, das Vertrauen in deine eigene Spiritualität wiederherzustellen. Und dafür gilt es, deinen einzigartigen Blick auf die Welt ernst zu nehmen. 

2. Schaffe dir persönliche Auszeiten 

Es kommt gar nicht so selten vor, dass ich eigentlich diese Woche dringend etwas für mich machen wollte, aber dann am Sonntag feststelle, dass die Woche schon sehr bald vorbei ist. Ohne es zu werten: Unser Alltag ist voll mit Routinen und Aufgaben, die wie von selbst ihren Platz im Tagesplan einnehmen. Zeit für etwas Neues scheint es da nicht zu geben 

Aber Zeit ist auch paradox. Denn egal, womit du sie füllst, sie ist immer am Ende des Tages unwiederbringlich weg. Es kann also nicht darum gehen, Zeit zu sparen - Grüße an die Grauen Herren der Zeitspar-Bank (aus Michael Endes Roman Momo) - sondern ab und an die eigene Zeit bewusst zu nutzen. 

Mir hat dabei eine sehr simple Erkenntnis geholfen: Es gibt keine fertigen To-Do-Listen. Egal wie produktiv ich mein Leben gestalte: Es wird niemals vorkommen, dass meine To-Do-Liste leer ist. Es gibt immer etwas zu tun. 

Das heißt aber auf der anderen Seite auch: Ich muss nicht die ganze Zeit sprinten. Es wird immer etwas zu tun geben, ob ich eine Auszeit nehme oder nicht. 

Für die Beschäftigung mit deinem Glauben, ist es aber wichtig, sich Zeiten einzuräumen, in denen du dich mit nichts Anderem zu beschäftigen brauchst. Baue kleine Rituale in deinen Alltag ein, die dir Auszeiten schaffen. Ein Ritual ist eine Handlung, die über eine alltägliche Handlung hinausgeht. Morgens Kaffee trinken ist Alltag. Mit dem Kaffee jeden Morgen drei Minuten am offenen Fenster zu stehen, kann ein Ritual sein. 

3. Sammle und ordne 

Glaube ist die Beziehung zu dem, was du als allerwichtigstes Prinzip in deinem Leben erkennst. Etwas, wovon du dein Leben leiten lassen willst. Kein Stress: Du musst das nicht (direkt) festlegen. Und es darf sich auch ändern. Glaube ist, wie jede andere Form von Beziehung, nicht einfach da, sondern wächst über Tage, Wochen, Monate und Jahre. 

Was helfen kann ist, dir einen Ort zu schaffen, an dem du das aufschreibst, was dir zum Beispiel während einer persönlichen Auszeit in den Kopf kommt oder dir an anderer Stelle mit Blick auf deine Umwelt und die Welt besonders wichtig ist. Das kann ein Notizbuch sein oder auch ein Dokument auf deinem Laptop. 

Nichts anderes haben die Kirchen über die Jahre gemacht: Weil niemand wissen kann, wer oder was Gott ist, sammeln sie seit jeher Erfahrungen von Menschen mit Gott und versuchen, die roten Linien zu finden - etwas, was ein gemeinsamer Nenner aus all diesen Erfahrungen sein könnte. 

Ich bin mir sicher, dass auch du rote Linien in deinen Erfahrungen finden wirst. 

Zu guter Letzt 

Meine drei Tipps mögen dir unspektakulär vorkommen, aber ich muss dich leider enttäuschen: Glaube ist super unspektakulär. Er hat nichts Magisches. Genauso wenig, wie dich Sport zu einem Fitness-Model verzaubert, so wird dich auch eine Glaubenspraxis nicht zu einem Guru machen. Wenn das deine Motivation ist, wirst du wahrscheinlich bitterlich enttäuscht. 

Wenn es dir aber darum geht, dich, deine Umwelt und das darüber hinaus besser zu verstehen, dann kann ich dir nur empfehlen, dich mit deiner eigenen Spiritualität zu beschäftigen. Dann nämlich kann es dir dabei helfen, einen Blick für das zu entwickeln, was an Schönem schon längst um dich ist. 

Tobias Sauer

Kurzvita:  

Tobias Sauer ist katholischer Theologe, Berater für Glaubenskommunikation und Kirchenentwicklung, Initiator des ruach.jetzt Netzwerks und Autor von »40 Dinge, die du ausprobieren musst, bevor Du aufhörst zu glauben.« 

Dieser Beitrag wird redaktionell von den christlichen Kirchen verantwortet.