Lewada-Zentrum: "Aktivitäten eingestellt"
7. September 2016Nach der Einstufung seines Instituts als "ausländischer Agent" durch die russischen Behörden sei die Fortsetzung der Arbeit "praktisch unmöglich", sagte Lewada-Direktor Lew Gudkow der Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Zwar sei das Institut noch nicht endgültig geschlossen, "aber man kann sagen, dass die Aktivitäten eingestellt sind", sagte Gudkow. Der Institutsdirektor kündigte Berufung gegen die behördliche Entscheidung an, die das Justizministerium am Montag bekannt gegeben hatte.
Institut: Nur kommerzielle Aufträge aus dem Ausland, keine politischen
In Russland werden politisch aktive Organisationen, die ganz oder teilweise aus dem Ausland finanziert werden, seit 2012 per Gesetz gezwungen, sich als "ausländische Agenten" registrieren zu lassen. Das erschwert ihre Arbeit erheblich. Das russische Justizministerium hatte auch das Lewada-Zentrum auf die entsprechende Liste gesetzt, weil es Geld aus dem Ausland erhalten haben soll. Die Leitung des Zentrums gab an, lediglich kommerzielle Aufträge von ausländischen Kunden ausgeführt zu haben, jedoch keine politischen.
Im Mai 2015 trat ein weiteres Gesetz in Kraft, wonach ausländische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) als "unerwünscht" erklärt werden können. Mehr als hundert Organisationen wurden in Russland bereits als "ausländische Agenten" eingestuft, darunter zahlreiche NGOs, die sich für den Schutz der Menschenrechte einsetzen. Mehrere Organisationen mussten ihre Arbeit einstellen, andere kämpfen aufgrund von Strafzahlungen mit finanziellen Problemen.
USA: "Russland sollte nicht das Schweigen unterstützen"
Das Lewada-Zentrum wurde 2003 von Juri Lewada gegründet. Der 2006 verstorbene Soziologe hatte zuvor als Direktor des Umfrageinstituts Wziom gearbeitet. Als die russische Regierung diese Einrichtung unter staatliche Kontrolle stellen wollte, schuf Lewada das nach ihm benannte Institut.
Die USA zeigten sich angesichts der Einstufung der russischen Soziologen am Lewada-Zentrums als "ausländische Agenten" sehr beunruhigt. Das Zentrum sei ein international anerkanntes Institut für Meinungsforschung, das für die hohe Qualität seiner Arbeit berühmt sei, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Mark Toner, in Washington. Meinungsforschung sei für jedes Land, das demokratische Standards leben wolle, ein wichtiger Baustein. "Russland sollte diese Werte unterstützen und nicht das Schweigen", so Toner weiter.
sti/djo (afp, ap, dpa)