Büchner-Preis für Lewitscharoff
4. Juni 2013"In ihren Romanen hat Sibylle Lewitscharoff mit unerschöpflicher Beobachtungsenergie, erzählerischer Phantasie und sprachlicher Erfindungskraft die Grenzen dessen, was wir für unsere alltägliche Wirklichkeit halten, neu erkundet und in Frage gestellt." Das erklärte die Jury des Georg-Büchner-Preises am Dienstag in ihrer Begründung. Die Auszeichnung ist mit 50.000 Euro dotiert. Der Preis wird am 26. Oktober 2013 in Darmstadt verliehen.
Sibylle Lewitscharoff wurde am 16. April 1954 als Tochter des Arztes Kristo Lewitscharoff, eines Exil-Bulgaren, und dessen Ehefrau Marianne in Stuttgart-Degerloch geboren, wo sie auch aufwuchs. Der Vater nahm sich das Leben, als Lewitscharoff neun Jahre alt war. Nach dem Studium der Religionswissenschaften veröffentlichte die Autorin 1994 ihr erstes Buch "36 Gerechte".
Durchbruch mit "Pong"
Der literarischer Durchbruch gelangt mit der Erzählung "Pong". Im Juni 1998 erhielt Lewitscharoff dafür den Ingeborg-Bachmann-Preis der Stadt Klagenfurt, einen der begehrtesten Literaturpreise für deutschsprachige Nachwuchsschriftsteller. Mit ihrer Schilderung der Welt aus der Sicht eines Verrückten sei der Autorin, so damals die Jury, ein "fulminanter Text auf höchstem sprachartistischen Niveau" gelungen.
Zu ihren bekanntesten Büchern zählen "Der höfliche Harald" (1999), "Montgomery" (2003), "Consummatus" (2006), "Apostoloff" (2009) und "Blumenberg" (2011). Zuletzt erschien "Vom Guten, Wahren und Schönen" über ihre Poetikvorlesungen 2011 in Frankfurt am Main und in Zürich.
Heute lebt die Autorin in Berlin. Derzeit ist die 59-jährige Autorin Stipendiatin der Villa Massimo in Rom. Im Sommersemester 2013 übernimmt sie die Brüder-Grimm-Professur in Kassel. Für ihr Werk wurde sie vielfach ausgezeichnet. Nach dem Bachmann-Preis wurden ihr auch der Preis der Leipziger Buchmesse zuerkannt, der Berliner Literaturpreis, der Kleist-Preis und der Ricarda-Huch-Preis.
Viele prominente Preisträger
Der Büchner-Preis wird seit 1951 jedes Jahr von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung im hessischen Darmstadt. Einzige Ausnahme: 1952. Damals konnte man sich nicht auf einen Preisträger einigen. Namensgeber ist der deutsche Revolutionär und Dramatiker Georg Büchner, der 1813 im Großherzogtum Hessen geboren wurde und 1837 in Zürich starb.
Die Auszeichnung können Schriftsteller und Dichter erhalten, "die in deutscher Sprache schreiben, durch ihre Arbeiten und Werke in besonderem Maße hervortreten und die an der Gestaltung des gegenwärtigen deutschen Kulturlebens wesentlichen Anteil haben". Zu den bisherigen Preisträgern zählen die renommiertesten Namen der deutschsprachigen Literatur, wie Gottfried Benn (1951), Erich Kästner (1957), Günter Grass (1965), Heinrich Böll (1967), Friedrich Dürrenmatt (1986), Elfriede Jelinek (1998) oder Friedrich Christian Delius (2011). 2012 wurde Felicitas Hoppe ausgezeichnet.
Erstmals verliehen wurde der Preis am 11. August 1923 vom "Volksstaat Hessen", damals "an bildende Künstler, an Dichter, an Künstler, an hervorragende ausübende Künstler, Schauspieler und Sänger". 1951 wurde die Auszeichnung in einen Literaturpreis umgewandelt und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung zur Verfügung gestellt.
kle/sti (dpa, Munzinger)