Libanons Regierungschef tritt ab
10. August 2020Nach den verheerenden Explosionen im Hafen von Beirut hat der libanesische Ministerpräsident Hassan Diab in einer Fernsehansprache seinen Rücktritt erklärt. Zuvor hatten bereits vier Regierungsmitglieder ihr Amt niedergelegt: Justizministerin Marie-Claude Nadschm und Finanzminister Ghasi Wasni an diesem Montag, Informationsministerin Manal Abdel Samad und Umweltminister Damianos Kattar am Sonntag.
Beschimpft und mit Wasser bespritzt
Nadschm war in der vergangenen Woche in der Öffentlichkeit von aufgebrachten Menschen beschimpft und mit Wasser bespritzt worden. Auch gegen andere Regierungsvertreter hatten sich spontane Unmutsäußerungen gerichtet. Am Wochenende hatte es in Beirut erneut Massenproteste und Zusammenstöße zwischen der Polizei und Demonstranten gegeben.
Viele Libanesen machen Misswirtschaft und Korruption innerhalb der politischen Führung für die Katastrophe vom Dienstag verantwortlich. Ministerpräsident Diab hatte vor einer Kabinettssitzung an diesem Montag angekündigt, er werde Neuwahlen vorschlagen, um einen Weg aus der Krise zu bahnen.
"Dieses Land muss reformiert werden"
Bundesaußenminister Heiko Maas will am Mittwoch zu Gesprächen in den Libanon reisen. Dabei werde er sich für Veränderungen einsetzen, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. "Wir werden auch sagen, dass wir der Auffassung sind, dass dieses Land reformiert werden muss." Korruption und Misswirtschaft müssten bekämpft werden, forderte Maas. Zudem seien wirtschaftliche Reformen nötig, damit der Libanon für ausländische Investoren wieder attraktiv werde.
Eine von den Vereinten Nationen und Frankreich organisierte Geberkonferenz hatte am Sonntag Hilfszusagen in Höhe von 250 Millionen Euro für den Libanon erbracht. Deutschland stellt nach den Worten des Außenministers 20 Millionen Euro bereit.
Direkt nach der Katastrophe hatten zahlreiche Staaten Ersthelfer, weitere Spezialisten und Versorgungsmaterial nach Beirut geschickt. Der größte Teil einer Gruppe des Technischen Hilfswerks kehrte inzwischen nach Deutschland zurück. Die Bergungseinheit hatte keine Überlebenden in den Trümmern gefunden.
Durch die Detonation von 2750 Tonnen Ammoniumnitrat, das jahrelang ohne Sicherheitsvorkehrungen im Hafen lagerte, wurden nach Regierungsangaben mehr als 150 Menschen getötet und etwa 6000 verletzt. Schätzungsweise 300.000 Menschen verloren ihr Obdach. Die Ursache der Explosionen ist bislang nicht bekannt.
jj/qu (dpa, afp, rtr)