Libyen wünscht sich von EU Patrouillenboote
26. April 2017Eine entsprechende Liste mit Materialanforderungen zur Stärkung des eigenen Küstenschutzes hätten die libyschen Behörden der EU zukommen lassen, meldet das ARD-Europastudio in Brüssel. Von bis zu hundert Meter langen Patrouillenbooten über schusssichere Westen, Taucheranzüge, Nachtsichtbrillen bis hin zum Funkgerät reiche die Liste der Ausrüstungsgegenstände, die sich Libyen von den Europäern erhoffe.
"Dringend"
Nach ARD-Informationen stehen fünf mit Radar und Maschinengewehren ausgestattete "Offshore-Patrouillen-Boote" ganz oben auf der Wunschliste der Libyer. Wie aus dem kürzlich nach Brüssel gesandten Papier hervorgehe, benötige die libysche Seite nach eigenem Ermessen insgesamt 130 Boote unterschiedlicher Größe und Motorstärke, viele davon bewaffnet. Aber auch 80 aufblasbare, unbewaffnete würden erbeten. Hinter einigen der Zahlen finde sich der Vermerk "Dringend".
"Nicht realistisch"
Diplomaten bestätigten mehreren Nachrichtenagenturen die Existenz einer detaillierten Liste, die vor einigen Wochen bei der EU-Kommission eingereicht worden sei. Der Bedarf solle nun geprüft und im Kreise der EU-Staaten beraten werden, hieß es.
Ein EU-Diplomat sagte der Agentur AFP, die Mitgliedstaaten hätten die Liste auf Botschafterebene einmal diskutiert, Entscheidungen seien aber nicht getroffen worden. Sie werde nun weiter vom Auswärtigen Dienst der EU geprüft. Klar sei, dass der Umfang der Wunschliste "momentan überhaupt nicht realistisch" sei.
EU sieht Gefahr von Missbrauch
Libyen gilt als wichtigstes Drehkreuz für Flüchtlinge, insbesondere aus Afrika, auf dem Weg nach Europa. Die EU-Staaten hatten den libyschen Behörden zugesagt, bei Training, Ausrüstung und Aufbau einer Küstenwache zu helfen. Ziel ist, das Libyen in die Lage versetzt wird, gegen Schlepperbanden vorzugehen und Flüchtlingsboote mit Ziel Europa aufzuhalten. 93 libysche Auszubildende haben erste Lehrgänge abgeschlossen.
Doch die Bereitstellung von Material oder gar Waffen ist durchaus umstritten. In der EU wird das Risiko gesehen, dass zur Verfügung gestellte Ausrüstung in unbefugte Hände geraten könnte. Der Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 hatte in dem Land zu Chaos geführt. Das Machtvakuum machte Libyen zum Nährboden für Milizen und militante Gruppen. Drei Regierungen ringen um die Macht, doch nur eine Regierung ist von der Staatengemeinschaft anerkannt, die unter Vermittlung der Vereinten Nationen zustande gekommene Einheitsregierung unter Premier Fajis al-Sarradsch. Dazu kommen vielen Milizen, darunter auch die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) und Verbrecherbanden, die mit Kidnapping, Schmuggel von Drogen, Waffen und Flüchtlingen Geld verdienen.
Laut Schätzungen halten sich in Libyen Hunderttausende Menschen auf, die über das Mittelmeer nach Europa wollen. Die EU-Verteidigungsminister kommen an diesem Mittwoch auf Malta zusammen, um über die geplante Stärkung der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu beraten. Auch auf der Tagesordnung steht die weitere Zusammenarbeit mit Libyen.
qu/wa (dpa, afp)