Libyens Einheitsregierung setzt Gespräche aus
19. Februar 2020Die international anerkannte libysche Regierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch hat ihre Teilnahme an Gesprächen in Genf über einen Waffenstillstand nach neuen Angriffen ausgesetzt. Für die Verhandlungen für das nordafrikanische Bürgerkriegsland unter Vermittlung der Vereinten Nationen (UN) reisten ranghohe Militärs der Regierung von Al-Sarradsch und des aufständischen Generals Chalifa Haftar an. Zu direkten Treffen beider Seiten kam es nach Angaben des UN-Vermittlers für Libyen, Ghassan Salamé, nicht.
Die international anerkannte, aber militärisch schwache Regierung des nordafrikanischen Landes begründete ihren Rückzug von den Gesprächen mit weiteren Angriffen in Tripolis. "Heute hat es neue Verletzungen der Waffenruhe gegeben", teilte die Regierung von Al-Sarradsch am Dienstagabend mit. Augenzeugen in Tripolis berichteten von lauten Explosionen und schwarzem Rauch im Hafen der Stadt. Nach Angaben des libyschen Gesundheitsministeriums wurden dabei drei Zivilisten getötet und fünf weitere verletzt.
Neue Angriffe in Tripolis
Die Beteiligung an den Gesprächen bleibe suspendiert, solange keine "entschlossenen Positionen" gegen den "Aggressor" bezogen würden, erklärte die Regierung von Ministerpräsident Fajes al-Sarradsch. Mit dem "Aggressor" ist Haftar gemeint, der einen Großteil des Ostens und Südens des Landes kontrolliert und im vergangenen April eine Offensive auf Tripolis gestartet hatte. Unter diesen Bedingungen seien weitere Verhandlungen nicht sinnvoll, stand in der Erklärung der Regierung.
Am 12. Januar war in Libyen eine Waffenruhe in Kraft getreten, gegen die beide Seiten seitdem aber regelmäßig verstoßen haben. Die Feuerpause sei "sehr brüchig", sagte Salamé. Bei der Libyen-Konferenz im Januar in Berlin war der Militärausschuss von jeweils fünf Vertretern von al-Sarradsch und Haftar beschlossen worden. Der Ausschuss soll über darüber verhandeln, wie die brüchige Waffenruhe in einen stabilen Waffenstillstand umgewandelt werden kann.
In Libyen war 2011 nach Sturz und Tötung des Machthabers Muammar al-Gaddafi ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Bei einem Gipfel vor vier Wochen in Berlin hatten sich 16 Staaten und Organisationen darauf verständigt, die Einmischung von außen in den seit neun Jahren anhaltenden Konflikt zu beenden.
sam/kle (afp, dpa, rtr)