Licht in der Nacht: Erinnerung an zerstörte Synagogen
Am 9. November 1938 oder kurz danach wurde ein Großteil der über 2000 Synagogen im nationalsozialistischen Deutschland zerstört. Durch Lichtprojektionen erstanden in der vergangenen Nacht viele von ihnen virtuell neu.
Friedenswunsch 2021: Shalom Aleichem
Der Dortmunder Oberbürgermeister Karl Wilhelm Schmieding sprach bei der Einweihung der alten Synagoge im Jahr 1900 von einer "Zierde für die Stadt, für Jahrhunderte erbaut". Sie war damals eine der größten in Deutschland. Doch er sollte nicht Recht behalten. 1938 zwangen die Nationalsozialisten die jüdische Gemeinde zum Verkauf und begannen noch vor der Pogromnacht mit dem Abriss.
1938: Brandstiftung mit Schaulustigen
Am 10. November 1938 zündeten Angehörige der nationalsozialistischen SS und SA die Synagoge im nordrhein-westfälischen Siegen an. Viele Schaulustige sahen dabei zu. An die Stelle der - auf Kosten der jüdischen Gemeinde - abgerissenen Ruine wurde 1941 ein Hochbunker gebaut. Er steht noch heute. An seine Seite wurde vergangene Nacht ein Bild der brennenden Synagoge projiziert.
Die Feuerwehr griff nicht ein
Ein ähnliches Schicksal erlitt eine der Frankfurter Synagogen: Auch in ihr wurde Feuer gelegt. Die Feuerwehr rückte aus, griff aber nicht ein. Und auch an der Stelle dieses Gotteshauses wurde später ein Hochbunker errichtet. Während das umliegende Viertel durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt wurde, steht der Bunker immer noch. An seiner Wand war diese Projektion zu sehen.
Tödlicher Angriff auf Gemeindevorsteher
Auch die Synagoge im bayerischen Bamberg wurde in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 niedergebrannt. Der damalige jüdische Gemeindevorsteher Willy Lessing wurde beim Versuch, die Tora-Rollen zu retten, von einem Mob tödlich verletzt, die Feuerwehr an den Löscharbeiten gehindert. 83 Jahre später waren Bilder der Synagoge auf einer Leinwand dort zu sehen, wo das Gotteshaus stand.
Alte Pracht wird wieder sichtbar
Die Neue Synagoge in Hannover von 1870 war nach den Worten des Architekten Edwin Oppler "die erste im deutschen Stile". Vorbild war unter anderem der Aachener Dom. Das hinderte die Nationalsozialisten nicht, sie während der Pogrome 1938 zu zerstören. Besucher stehen hier vor der Projektion der Synagoge, die auf der Fassade des niedersächsischen Wissenschaftsministeriums zu sehen ist.
Wird aus Virtual-Reality bald wieder Realität?
Die Hamburger Bornplatz-Synagoge wurde zerstört - wie viele andere in Deutschland. Am 14. Juli 1939 meldete das "Hamburger Tageblatt" zynisch den Abbruch: "Wo heute noch ein paar traurige Trümmer stehen, wird bald ein freundlicher Grünplatz allen Volksgenossen Freude machen." Jetzt kann man die Synagoge als Virtual-Reality-Darstellung sehen. Es gibt sogar Pläne für einen Wiederaufbau.
Berlin: Zerstörung und Neuanfang
Die Synagoge an der Fasanenstraße im Berliner Bezirk Charlottenburg wurde 1938 angesteckt und 1943 bei Luftangriffen völlig zerstört. Ende der 1950er Jahre entstand aber an dieser Stelle das jüdische Gemeindehaus. Wie kaum ein anderes Gebäude steht es für den Neuanfang jüdischen Lebens in Berlin nach dem Holocaust. An seiner Fassade ist hier die zerstörte Synagoge als Projektion zu sehen.