Flugverbote in der EU
19. April 2010Die Luftsicherheitsbehörde Eurocontrol gab am Montag (19.04.2010) in Brüssel bekannt, dass der Himmel über Norwegen, Mittel- und Nordschweden sowie über Südfinnland wieder für den Verkehr freigegeben worden sei. Dasselbe gelte für Portugal, Spanien und das Mittelmeer, sowie einen Gürtel der von Südfrankreich nach Slowenien reicht. Auch Österreich, die Tschechische Republik, Rumänien, Ungarn, Kroatien und die Türkei nahmen den Flugverkehr wieder auf. In der Slowakei wurden Flugverbote teilweise aufgehoben. Der Flughafen von Bratislava blieb jedoch geschlossen.
Alle spanischen Flughäfen waren am Montag wieder geöffnet, nachdem in den vergangenen Tagen einige Flughäfen im Norden und Osten des Landes geschlossen waren. Spanien bot sich an, für europäische Rückkehrer aus Nordamerika als Drehkreuz zu dienen. Verkehrsminister José Blanco erklärte im Radiosender RNE, sein Land könne Transitstation für rund 70.000 Briten sein - und auch für Reisende aus Deutschland und Frankreich. Blanco schloss jedoch nicht aus, dass es je nach Lage auch wieder zu teilweisen Sperrungen des spanischen Luftraumes kommen könne.
Flugverbote weiterhin in der Mitte Europas
In großen Teilen Zentral- und Osteuropas blieb der Luftraum auch am Montag weiterhin geschlossen: In Belgien, Dänemark, Estland, Finland, in Teilen Frankreichs und Italiens, in fast ganz Deutschland, Irland, den Niederlanden, in Teilen Norwegens, in Polen, Serbien, Schweden, der Schweiz, in der Ukraine und Großbritannien. Das Flugverbots-Gebiet erstreckte sich damit vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer.
In Bulgarien wurden die Flughäfen von Sofia, Plovdiv und Burgas geöffnet, während sie in Warna und Gorna Orjachowiza geschlossen blieben. Der russische Luftraum blieb offen. Flüge in die USA wurden über den Nordpol geleitet. In einzelnen Gebieten sei der Luftraum in großer Höhe allerdings für den Transitverkehr freigegeben worden. Die niederländische Fluglinie KLM flog mit zwei Transportflugzeugen nach Asien, nachdem mehrere Testflüge erfolgreich verlaufen waren.
Die Lufthansa erhielt eine behördliche Genehmigung für 50 Langstreckenflüge. Diese sollen im kontrollierten Sichtflug unter der Aschewolke im nicht gesperrten Luftraum durchgeführt werden. Die Maschinen sollen 15.000 Passagiere aus Asien, Nord- und Südamerika sowie Afrika nach Frankfurt, München und Düsseldorf bringen. Am Montagabend sollen auch erste Interkontinentalflüge von Frankfurt und München abheben.
Am Sonntag registrierte Eurocontrol nur etwa 5000 der vorgesehenen 25.000 Verkehrsflüge. Seit Beginn der Sperrungen am Donnerstag waren bis Montag früh 63.000 Flüge ausgefallen. Der EU-Verkehrskommissar Siim Kallas erklärte jedoch, dass er hoffe, bereits am Montag könnten 50 Prozent des Luftraumes wieder freigegeben werden. "Wir können nicht warten, bis die Asche wieder verschwindet," sagte er. Spanien, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, setzte für 15.00 Uhr eine Videokonferenz der Verkehrsminister an, um über eine Aufhebung der Flugverbote zu sprechen.
Hat Europa überreagiert?
"Wir können die Ergebnisse von Testflügen berücksichtigen und sehen, ob die Entscheidungsfindung auf den aktuellen Stand gebracht werden kann, um Flüge wieder zu ermöglichen," erklärte der britische Verkehrsminister Andrew Adonis vor der Konferenz gegenüber der BBC. Sein niederländischer Amtkollege erklärte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dass Europa zu strikt reagiert habe. In den USA sei bei früheren Vulkanausbrüchen auch nicht der gesamte Luftraum gesperrt worden.
Brian Flynn, ein hochrangiger Beamter von Eurocontrol, betonte jedoch, dass die Regeln für den Umgang mit Vulkanasche durch die Internationale Organisation für Zivilluftfahrt (ICAO) festgelegt werden und international verbindlich seien. Allenfalls könne man sagen, "dass sie in Europa rigoroser interpretiert werden als in den USA, wenn es um die Verantwortung der Fluglotsen oder der Piloten geht."
EU erwägt Hilfen für Fluglinien
EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia erklärte die EU erwäge Sonderhilfen an Fluggesellschaften zu erlauben. Es könne "ein Rahmen wie nach dem 11. September 2001" angewandt werden. Damals zahlten Mitgliedsstaaten Geld an die Fluglinien um Verluste, die diese in Folge der Terroranschläge erlitten hatten, auszugleichen.
Die stornierten Flügen kosten die Flugindustrie hunderte Millionen Euro. Millionen Fluggäste konnten ihre Reiseziele nicht erreichen und auch die Transportindustrie war durch die Flugausfälle betroffen. In Großbritannien mussten Krankenhäuser Operationen verschieben, da Mediziner nicht rechtzeitig aus dem Osterurlaub zurückgekommen waren. Auch der Transport von Spenderorganen wurde erschwert. "Das ist schon eine Herausforderung, wenn kein Flieger geht und nur noch Blaulicht-Transporte auf der Straße möglich sind", sagte der Direktor der in den Niederlanden ansässigen Stiftung Eurotransplant.
Kriegsschiffe sollen Reisende heimholen
Die britische Regierung hat nach einer Krisensitzung beschlossen, festsitzende Reisende mit Kriegsschiffen zurückzuholen. Die HMS Ocean und der Flugzeugträger HMS Ark Royal sollen tausende Briten transportieren, die in Frankreich gestrandet sind. Ein drittes Schiff sei nach Nordspanien unterwegs, um britische Soldaten zurückzubringen, die aus Afghanistan zurückgekehrt seien. Die HMS Albion könne auch Zivilisten transportieren.
Isländische Seismologen erklärten, sowohl Eruptionen des Eyjafjallajokull-Vulkans, als auch die Aschewolke seien seit der Eruption zurückgegangen. Nach den anfänglichen elf Kilometern Höhe, habe sie jetzt nur noch eine Höhe von drei Kilometern. Damit könne die Asche auch nicht mehr so weit fortgetragen werden, wie in den ersten Tagen nach der Eruption.
Fabian Schmidt (dpa, rtr, ap, afp)
Redaktion: Nicole Scherschun