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Liebe zwischen Kontinenten

Ingrid Arnold12. September 2002

Eine jüngst veröffentlichte Umfrage belegt es: Europäer und US-Amerikaner haben sich lieb. Der 11. September hat dazu beigetragen, dass der Funke zwischen den Kontinenten übergesprungen ist.

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USA und Europa: Kontinente, die sich verstehenBild: BilderBox

Während immer wieder behauptet wird, der Antiamerikanismus in Europa nehme zu, bietet die Studie "Worldviews 2002" eine spannende Korrektur dieser Sicht. Es handelt sich dabei um eine transatlantische Umfrage des "Chicago Council on Foreign Relations" (CCFR) und des "German Marshall Fund" (GMF) zur europäischen und amerikanischen öffentlichen Meinung.

Dazu wurden rund 3000 Telefon-Interviews in den USA geführt und in den europäischen Ländern Großbritannien, Frankreich, Niederlanden, Italien, Polen und Deutschland je 1000.

Gleicher Blick auf die Welt

Interessant: Eine Mehrheit der Menschen in den sechs europäischen Ländern gibt der amerikanischen Außenpolitik eine Mitschuld an den Terroranschlägen vom 11. September. Die Wahrnehmung der Anschläge und die Schlussfolgerungen daraus haben sich in den USA und Europa trotz gemeinsamer Basis zum Teil unterschiedlich entwickelt.

Beeindruckt äußert sich Peter Dettke, der Direktor des Washingtoner Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung im Gespräch mit DW-WORLD zu der Studie. Er sieht durch sie das in Europa gängige Amerikabild erschüttert. Beispielsweise stimmen 65 Prozent der befragten US-Amerikaner einem Irak-Einsatz nur nach einer multilateralen Verständigung zu, also mit UN-Mandat und Unterstützung alliierter Länder. Im europäischen Durchschnitt verlangen das gerade einmal 60 Prozent. Auch äußere sich die US-Bevölkerung - im Gegensatz zur Haltung ihrer Regierung - in der Konsequenz positiv über die Mitarbeit beim Internationalen Strafgerichtshof oder eine Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls. "Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen", so Dettke.

USA und Europa: Alles sehr harmonisch

Weit reichende Übereinstimmung zwischen Europäern und Amerikanern herrscht der Umfrage zufolge auch, wenn es um den Krieg gegen den Terror, die Situation im Irak und eine Reihe anderer internationaler Fragen geht. Europäer mögen die Vereinigten Staaten und umgekehrt. Ihr Blick auf die Welt ähnelt weit gehend demjenigen der Amerikaner - und sie teilen deren Besorgnis über die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus. Wie vielen Amerikanern missfallen ihnen jedoch gewisse Aspekte der US-Außenpolitik.

Am wenigsten kritisch gegenüber den USA sind überraschenderweise die Deutschen, die "nur" zu 52 Prozent eine amerikanische Mitschuld an den Anschlägen sehen, gefolgt von den Italienern (51 Prozent). Die Franzosen hingegen vertreten diese Ansicht zu 63 Prozent.

Hauptvorwurf: Antimuslimische Außenpolitik

Die Kritik bezog sich vor allem auf die Nahost-Politik der USA, die viele Europäer als antimuslimisch empfanden. Zu erwarten war deshalb auch, dass 56 Prozent der Europäer die Außenpolitik von US-Präsident George W. Bush als "mäßig" oder "schlecht" beurteilen und nur 38 Prozent sie für "sehr gut" oder "gut" halten - gegenüber 53 Prozent in den USA.

Allerdings scheint auch die US-Bevölkerung unzufrieden mit mancher Handlung ihrer Regierung: Nur 33 Prozent glauben zum Beispiel, das Bush-Kabinett verhalte sich richtig im Konflikt zwischen Israelis und Arabern, 32 Prozent vertreten diese Meinung in Bezug auf die Irak-Politik.

Gleichstand auf der Sympathieskala

Die Studie hat auch untersucht, wie sehr die Menschen in Europa und den USA "einander zugetan sind". Auf einer "Sympathieskala" von 0 bis 100 zeigten Amerikaner und Europäer für bestimmte Länder dieselbe Zu- oder Abneigung.

US-Bürger schätzen etwa die Deutschen mit 61 Punkten, umgekehrt waren es 63 Punkte; der europäische Durchschnitt gibt den USA 64 Punkte. An letzter Stelle der transatlantischen Sympathieskala steht der Irak - sowohl bei Europäern (25 Punkte) als auch bei Amerikanern (23 Punkte).