Linke beschließt Wahlprogramm
16. Juni 2013Der von der Parteiführung befürchtete große Streit blieb aus. Mit großer Mehrheit folgten die rund 500 Delegierten des Bundesparteitages der Linkspartei in Dresden dem Kurs des Vorstandes in der Eurokrise. Die Thesen von Ex-Parteichef Oskar Lafontaine, der die Rückkehr einzelner Länder zu nationalen Währungen empfohlen hatte, fanden keinen Eingang in das fast 100 Seiten lange Wahlprogramm. "Auch wenn die Europäische Währungsunion große Konstruktionsfehler enthält, tritt die Linke nicht für ein Ende des Euro ein", heißt es dort. Voraussetzung für den Fortbestand der Gemeinschaftswährung sei aber, dass der Kurs der Kürzungspolitik, beendet werde. Es sei die Politik von EU-Troika und Bundeskanzlerin Angela Merkel, "die die Gemeinschaftswährung zerstört"
Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Gregor Gysi, hatte seine Partei vor einem Ausstieg aus dem Euro gewarnt. Ein Ende der Gemeinschaftswährung würde den Süden Europas verelenden und zu einem Zusammenbruch der deutschen Exporte führen.
Nur wenige Gegenstimmen
Das Wahlprogramm wurde mit nur wenigen Gegenstimmen beschlossen. Auf dem Göttinger Parteitag vor einem Jahr hatte die Linke noch am Rande einer Spaltung gestanden. Gysi lobte in einer bejubelten Rede, die unterschiedlichen Teile der Partei in Ost und West hätten endlich begriffen, dass sie aufeinander angewiesen seien. Oskar Lafontaine verzichtete darauf, das Wort zu nehmen. Als normalem Delegierten hätten ihm nur drei Minuten Redezeit zugestanden. In dieser Kürze könne er seine Position nicht erklären, begründete der 69jährige ehemalige Bundesfinanzminister sein Schweigen in der Debatte. Lafontaine hatte nach einer Krebserkrankung und innerparteilichem Streit um seinen Kurs alle Ämter in der Bundespartei der Linken abgegeben.
Unter dem Motto "100 Prozent Sozial" spricht sich die Linke für einen gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro aus, erhebt die Forderung nach einer Mindestrente von 1050 Euro, der Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 53 Prozent und einer Millionärssteuer. Die Ko-Vorsitzende der Linksparte, Katja Kipping (Foto) sagte, ihre Partei werde "als soziale Alarmanlage in diesem Land" gebraucht.
Gefordert wird auch die Beendigung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr, das Ende von Rüstungsproduktionen in Deutschland und sämtlicher Rüstungsexporte. Auf die Absage von SPD und Grünen an ein Zusammengehen mit der Linken nach der Bundestagswahl im Herbst reagierten die Parteispitzen mit harscher Kritik. Ko-Parteichef Bernd Riexinger nannte den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück einen "Kasper der Millionäre".
Wahlziel mindestens zehn Prozent Stimmenanteil
Fraktionschef Gysi forderte Sozialdemokraten und Grüne auf, aus der "Allparteien-Konsenssoße" mit CDU, CSU und FDP auszuscheren. Gemeinsam mit der Linken sollten die anderen beiden derzeitigen Oppositionsparteien für den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan und die Beendigung aller Kampfeinsätze eintreten, sagte Gysi.
Schon an zweiter Stelle nannte er die Erhöhung des Rentenniveaus und die Angleichung der Renten in Ost und West. Das Renteneintrittsalter von künftig 67 Jahren müsse wieder auf 65 Jahre abgesenkt werden, erklärte Gysi unter dem Beifall der Delegierten. Die Hälfte der 64.000 Mitglieder der Linken ist über 60 Jahre alt.
Rein rechnerisch könnte die Linke das Zünglein an der Waage bei einer Ablösung von Bundeskanzlerin Angela Merkel sein. SPD und Grüne wollen mit der Linkspartei, die derzeit in Umfragen zwischen sechs und acht Prozent rangiert, jedoch nicht koalieren. Gregor Gysi gab in einer begeistert beklatschten Rede auf dem Parteitag als Ziel für die Bundestagswahl einen Stimmanteil von mindestens zehn Prozent aus. Bei der Wahl 2009 hatte die Linke 11,9 Prozent erreicht.