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Linke auf Europakurs

Bernd Gräßler, z. Zt. Hamburg15. Februar 2014

Die Linke bekennt sich auf einem Parteitag zu Europa, will die EU jedoch grundlegend erneuern. Der Vorwurf des Militarismus wird abgeschwächt. Gabi Zimmer ist die Spitzenkandidatin für den Wahlkampf.

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Programmheft der Linken auf einem Delegiertentisch
Bild: picture-alliance/dpa

Der Linken-Fraktionschef im Bundestag, Gregor Gysi, hat seine Partei zu einem leidenschaftlichen Europawahlkampf aufgerufen. Dieser sei nicht geeignet für kleinkarierte innerparteiliche Auseinandersetzungen. Zuvor hatte der Parteivorstand die umstrittene Formulierung des Europawahl-Programms fallengelassen, wonach die Europäische Union eine neoliberale, militaristische und weitgehend undemokratische Macht sei. Der Versuch einiger Delegierter, die umstrittene Formulierung wieder aufzunehmen, scheiterte. Dem Parteitag lagen über 400 Änderungsanträge vor, das Programm wurde letztlich nach einer teilweise emotionalen Debatte mit großer Mehrheit beschlossen. Zur Spitzenkandidatin wählte der Parteitag die langjährige Europaabgeordnete und einstige PDS-Vorsitzende Gabi Zimmer.

2014Gabi Zimmer - Spitzenkandidatin der Linken für das Europaparlament
Spitzenkandidatin Zimmer: "Wir brauchen die EU"Bild: picture-alliance/dpa

In seiner Rede vor den rund 550 Delegierten sagte Gysi, die Chancen für einen Erfolg bei der Europawahl stünden gut. Denn Union und SPD seien gerade "mit Denunziation und Verrat beschäftigt", so der Linkenpolitiker unter Anspielung auf die Affäre um den ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy. Die mit der Linken konkurrierende und ebenfalls europakritische Alternative für Deutschland (AfD) sei "unsozial" und wolle "raus aus Europa". Angesichts dessen sei es für seine Partei möglich, zehn Mandate im Europaparlament zu erringen. Derzeit hat die Linkspartei acht Sitze in Straßburg.

In der Diskussion des Europa-Wahlprogramms wurde scharfe Kritik an der Außenpolitik von EU und Bundesregierung geübt. Die Regierung der großen Koalition bereite den Boden für eine Militarisierung der Außenpolitik, sagte die Ko-Vorsitzende Katja Kipping vor den rund 550 Delegierten in Hamburg. Kipping nahm vor allem Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) aufs Korn, die nach eigener Aussage aus der Bundeswehr das familienfreundlichste Unternehmen Deutschlands machen will. "Ein Kriegseinsatz ist ein Kriegseinsatz und kein Familienausflug", sagte Kipping. Die erste weibliche Verteidigungsministerin Deutschlands werde daran gemessen, ob sie Soldatinnen und Soldaten in neue Kriege schicke oder sie zurück in die Familien hole. Regierungsmitglieder und Bundespräsident Joachim Gauck redeten zwar von Verantwortung und Engagement, aber dies laufe auf Krieg hinaus, sagte Kipping. Der außenpolitische Experte der Linken, Wolfgang Gehrke, nannte die jüngste Rede Gaucks eine "militaristische Rede".

Katja Kipping am Rednerpult des Europa-Parteitags der Linken in Hamburg
Katja Kipping: "Kriegseinsatz ist kein Familienausflug"Bild: picture-alliance/dpa

Gegen EU-Einsatz in Zentralafrika

Die Linke lehnt auch einen Militäreinsatz der EU in der von ethnischen Auseinandersetzungen geprägten Zentralafrikanischen Republik ab. Bereits das Eingreifen der Franzosen habe zu einer Spirale der Gewalt geführt, sagte Kipping. Die Europäische Union erwägt nach Aussagen der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton die Entsendung von 1000 Soldaten in die Zentralafrikanische Republik. Die Bundeswehr könnte diesen Einsatz logistisch unterstützen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte an die Staatengemeinschaft appelliert, Gräueltaten und drohende ethnische Säuberungen in dem Land zu verhindern.

Die stellvertretende Parteivorsitzende Sarah Wagenknecht sagte in einem Interview, sie halte es für "völlig scheinheilig", wenn so getan werde, als fänden diese Einsätze für die Menschen in Afrika statt. "Auch bei Zentralafrika ist es eindeutig, dass es der EU nicht um die Menschen geht, sondern um Rohstoffe", betonte Wagenknecht.

Die Spitzenkandidatin für die Wahlen zum Europa-Parlament, Gabi Zimmer, warnte ebenso wie Gysi vor einer Absage der Linken an die Europäische Union. "Wir brauchen die EU", sagte Zimmer, die bereits seit 2004 im Europaparlament sitzt. Im Programmentwurf für die Europa-Wahl heißt es, ein Rückzug auf den Nationalstaat wäre eine große Gefahr, denn dann wären die einzelnen Mitgliedsstaaten den Finanzmärkten und einem "verrohten Kapitalismus" bedingungslos ausgeliefert. Es gehe darum, die EU zu einer "wirklichen Solidargemeinschaft" zu entwickeln. Für die Wahl der weiteren Kandidaten zum Europaparlament werden am Sonntag Kampfabstimmungen zwischen den eher radikalen west- und den pragmatischeren ostdeutschen Bewerbern erwartet.