Linke Tasche rein, rechte Tasche raus
22. Dezember 2009Linke Tasche rein, rechte Tasche raus – das ist der Eindruck, der sich vielen Bürgern bei der Steuerpolitik der schwarz-gelben Regierung aufdrängt. Erst am vergangenen Freitag haben nach dem Bundestag auch die Länder für die massiven Steuerentlastungen gestimmt, mit denen Familien, Erben und Hoteliers um insgesamt 8,5 Milliarden Euro entlastet werden sollen. Jetzt denkt die Koalition bereits über Sparmaßnahmen nach. Einzelheiten dazu ließ Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Montag (21.12.2009) erneut offen. Allein für den Haushalt 2011 sieht er aber einen Konsolidierungsbedarf von 25 bis 30 Milliarden Euro.
Die "Süddeutsche Zeitung" will allerdings erfahren haben, in welche Richtung es gehen könnte: So könnte das Geld teilweise über höhere Beiträge für die Arbeitslosenversicherung reingeholt werden. Ohne einen solchen Schritt werde die Bundesregierung auf Jahre hinaus Milliarden Euro an die Bundesagentur für Arbeit (BA) überweisen müssen, meldet die Zeitung unter Berufung auf Fraktionskreise. Bereits in den Koalitionsverhandlungen hätten Union und FDP deshalb über konkrete Zahlen für eine höhere Arbeitslosenversicherung diskutiert. Demnach könnte der BA-Beitragssatz ab 2011 von derzeit 2,8 Prozent auf 4,5 Prozent erhöht werden.
Schuldenbremse zwingt zum Sparen
Hintergrund der Überlegungen von Schwarz-Gelb ist laut SZ die im Grundgesetz neu verankerte Schuldenbremse. Deshalb muss die Bundesregierung von 2011 bis 2016 jedes Jahr das Haushaltsdefizit um zehn Milliarden Euro senken.
Angesichts der spürbar steigenden Ausgaben für das Arbeitslosengeld kommt die Bundesanstalt für Arbeit mit dem Beitragssatz von 2,8 Prozent bei weitem nicht aus. Finanzminister Schäuble muss deshalb allein im kommenden Jahr 16 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt zuschießen – würde der Beitrag erhöht, könnte er diese Milliarden sparen.
Liberale wollen Steuern weiter senken
Trotz der desolaten Haushaltslage will die FDP weitere Steuersenkungen durchsetzen. Die Liberalen ließen die Union wissen, dass sie ein Sparpaket nur dann unterstützen wollen, wenn eine große Steuerreform wie verabredet umgesetzt wird. "Wolfgang Schäuble hat die volle Unterstützung der FDP, wenn er durch einen fokussierten Staat die Verschuldung reduzieren und eine grundlegende Steuerreform sicherstellen will", sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner dem "Hamburger Abendblatt".
Bis 2011 sollen Entlastungen von weiteren 20 Milliarden Euro kommen, fordert der FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle. Pläne, die beim großen Koalitionspartner für Kritik sorgen: "Wer jetzt laut nach einer Steuerreform 2011 ruft, muss gleichzeitig auch sagen, wie sie finanziert werden kann", sagte der Vizevorsitzende der Unions-Fraktion, Michael Meister dem "Handelsblatt".
"Täuschungsmanöver vor der NRW-Wahl"
Doch das wollen beide Koalitionspartner erst einmal möglichst vermeiden. Der Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Joachim Poß sprach schon von einem Täuschungsmanöver, weil die Koalition die Details des Sparpakets bis nach der einzigen Landtagswahl im kommenden Jahr am 9. Mai in Nordrhein-Westfalen geheim halten wolle.
In der Tat ist beabsichtigt, konkrete Entscheidungen erst nach der NRW-Wahl zu treffen. Die Spar- und Finanzierungsentscheidungen für weitere Steuerentlastungen sollen nicht zur Niederlage des schwarz-gelben Bündnisses in NRW führen, heißt es in der Koalition. Denn damit ginge die Unions-FDP-Mehrheit im Bundesrat verloren, was das Regieren im Bund erschweren würde.
Der stellvertretende Linkspartei-Vorsitzende Klaus Ernst forderte vom Finanzminister eine Offenlegung der Sparpläne noch vor der NRW-Wahl. "Schäuble muss seine Giftliste für den Bundeshaushalt sehr schnell offen legen, wenn er sich nicht dem Vorwurf des versuchten Wahlbetrugs aussetzen will."
Nach Auffassung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) werden die Bürger auch mit einem Verlust an innerer Sicherheit für die schwarz-gelben Steuergeschenke bezahlen müssen. Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg sagte, Pläne für einen Stellenabbau im öffentlichen Dienst um bis zu 20 Prozent lägen bereits in der Schublade.
Autor: Manfred Götzke (rtr/dpa/afp)
Redaktion: Walter Lausch