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Linksruck mit Tücken in Griechenland

Jannis Papadimitriou 26. Januar 2015

Das Linksbündnis von Alexis Tsipras hat die absolute Mehrheit verpasst - und braucht jetzt Koalitionspartner. Syriza wird mit den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen zusammenarbeiten.

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Syriza-Anhänger feiern auf den Straßen Athens, mit einem Banner auf dem "Gute Nacht, Frau Merkel" steht (Foto: dpa)
Syriza-Anhänger feierten auf den Straßen AthensBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Die gute Nachricht für Syriza-Chef Alexis Tsipras lautet: Sein Wahlsieg ist noch höher ausgefallen, als allgemein erwartet wurde. Die schlechte: Sein Linksbündnis Syriza hat die absolute Mehrheit im 300-köpfigen griechischen Parlament um zwei Sitze verpasst und ist deshalb auf Koalitionspartner angewiesen. Ein Syriza-Sprecher bestätigte am Montagvormittag, dass das Linksbündnis eine Koalition mit der rechtspopulistischen Partei Unabhängige Griechen (Anel) bildet. Der Vorsitzende der nationalistischen Partei, Panos Kammenos - ein früherer Außenpolitik-Experte der konservativen Partei "Neue Demokratie" - hatte die Zusammenarbeit direkt nach seinem Treffen mit Syriza-Chef Tsipras verkündet. Obwohl die beiden Parteien an gegenüberliegenden Enden des politischen Spektrums liegen, eint sie die Ablehnung der Sparpolitik.

Die Unabhängigen Griechen sind in den vergangenen Jahren vor allem durch radikale Positionen aufgefallen. Zu ihren größten Feinbildern zählt die Partei die illegale Einwanderung. Politisch treten ihre Vertreter regelmäßig in Fettnäpfchen. Jüngstes Beispiel: Vor dem gescheiterten dritten Anlauf der griechischen Präsidentenwahl zum Jahreswechsel behauptete ihr Abgeordneter Pavlos Haikalis, man habe über einen Mittelsmann versucht, ihn zu bestechen, damit er für den Kandidaten der konservativen Regierungspartei stimme. Als bekannt wurde, dass Haikalis selbst mit dem dubiosen Mittelsmann gute Geschäfte macht, ruderte der Rechtspopulist wieder zurück.

Noch stärker als die Linkspartei appellieren die Rechtspopulisten an die Gefühle der Wähler. Auf seiner letzten Kundgebung vor der Wahl donnerte Parteichef Kammenos gegen das "Spardiktat" der Kreditgeber und die wachsende Armut, die arbeitslose Griechen zur Migration zwinge. "Wir bringen eure Kinder zurück", versprach er seinen Anhängern.

Syriza besteht auf Neuverhandlung

In den griechischen Medien wird fieberhaft darüber spekuliert, ob die Linkspartei nach der Regierungsbildung bei ihrer radikalen Wahlkampfrhetorik bleibt und die Kreditverträge mit den internationalen Geldgebern aufkündigt oder sich doch zu einer Einigung bereit erklärt. In den vergangenen Wochen haben sämtliche Syriza-Politiker sanftere Töne eingeschlagen. Doch im Prinzip bliebe es bei der Ablehnung der Sparpolitik, erklärt Panagiotis Lafazanis, Anführer des linken Syriza-Parteiflügels, in einem Radiointerview: "Es gibt keinen Rückzieher, Syriza bleibt bei seinem Wahlprogramm. Auf dem nächsten EU-Gipfel bekommen die Staats- und Regierungschefs klar zu hören, dass die Austerität zu Ende ist", mahnt der Linkspolitiker. "Wir bleiben bei allem, was wir im Wahlkampf angekündigt haben", versicherte in der Wahlnacht auch Syriza-Politiker Kostas Poulakis, der als enger Vertrauter von Parteichef Tsipras gilt.

Syriza-Vorsitzender Alexis Tsipras spricht nach dem Wahlsieg seiner Partei zu den Syriza-Anhängern (Foto: Reuters)
Das Linksbündnis von Tsipras hat die absolute Mehrheit im Parlament knapp verpasstBild: Reuters/A.Konstantinidis

Doch wie soll die griechische Wirtschaft finanziert werden, wenn es zum Bruch mit den internationalen Geldgebern kommt? Darauf antwortete Jannis Balafas, diese Fragen würden jetzt in einen anderen Zusammenhang gestellt. Es gehe zunächst nicht um eine Einigung mit der Troika (Anm. d. Red.: bestehend aus Vertretern der EU, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds), sondern um eine Debatte über die Nachhaltigkeit des Schuldendienstes, ließ der Syriza-Politiker im TV-Interview verlauten.

Starker Wunsch nach politischer Erneuerung

Der unerwartet deutliche Sieg von Syriza sei symptomatisch für den Wunsch nach einer Erneuerung des politischen Personals in Griechenland, glaubt der Meinungsforscher Takis Theodorikakos: "Die politischen Parteien in Griechenland sollten nicht die Tatsache unterschätzen, dass Tsipras der jüngste Ministerpräsident in der Geschichte des Landes wäre - obwohl er bisher keinerlei Erfahrung in einem öffentlichen Amt gesammelt hat."

Evangelos Venizelos, Vorsitzender der sozialdemokratischen Partei Pasok in Griechenland (Foto: UN)
Sozialdemokrat Venizelos will eine neue Parteispitze wählen lassenBild: imago/Xinhua

Pasok-Vorsitzender Evangelos Venizelos hat die Botschaft der Wähler offenbar als Erster verstanden: Noch in der Wahlnacht kündigte er an, in absehbarer Zeit einen Parteitag abzuhalten, um die sozialdemokratische Parteispitze neu zu wählen. Schon nach der Parlamentswahl im Jahr 2012 hatte Venizelos versprochen, die Macht an die Generation der Dreißig- und Vierzigjährigen abzugeben. Der abtretende Ministerpräsident Antonis Samaras denkt dagegen gar nicht an einen Rückzug vom Vorsitz seiner Partei.