+++ Live-Ticker vom SPD-Bundesparteitag +++
7. Dezember 201719.10 Uhr: Martin Schulz stellt sich jetzt erneut als Parteivorsitzender zur Wahl. Einen Gegenkandidaten gibt es nicht. Im März bekam Schulz 100 Prozent der Stimmen. Ein in der Geschichte der SPD einmaliges Ergebnis. So gut wird es heute Abend sicherlich nicht laufen.
19.00 Uhr: Die Revolution ist ausgeblieben. Ausschlaggebend war zum einen wohl das eindringliche Versprechen des Parteivorsitzenden Schulz, dass es bei den anstehenden Gesprächen mit der Union keinen Automatismus geben wird. Am Ende könne es auch auf eine Minderheitsregierung oder Neuwahlen hinauslaufen. Die Delegierten haben aber sicherlich auch zugestimmt, weil ein Parteitag über das Ergebnis der Gespräche abstimmen soll. Die Basis wird also auch dann wieder mitreden dürfen.
18.48 Uhr: Erleichterung im SPD-Parteivorstand. Die Delegierten haben abgestimmt und den Leitantrag angenommen. Gespräche, die alle möglichen Optionen ausloten, einschließlich einer Großen Koalition, können stattfinden. Alle Änderungsanträge wurden abgelehnt.
18.37 Uhr: "Das ist einer der spannendsten Tage in der jüngeren Geschichte unserer Partei", sagt Martin Schulz nach dem Ende der Debatte. Es sei eine Diskussion auf hohem Niveau gewesen. "Leute wir sind eine Partei, die es sich schwer macht aber das ist genau der Grund, warum ich so stolz darauf bin, dass ich in dieser Partei bin." In ein paar Minuten wird nun über den Leitantrag abgestimmt werden und damit über die Frage, ob die SPD mit der Union über die Bildung einer Regierung sprechen soll oder nicht. "Gebt uns die Chance, die Wege auszuloten", appelliert Martin Schulz an die Delegierten.
18.20 Uhr: Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert wirbt erneut für die Änderung, die die Jugendorganisation der Partei vorschlägt: Gespräche Ja, GroKo Nein. Die Gemeinsamkeiten mit der Union seien weitgehend aufgebraucht und sie sei kein verlässlicher Partner. Außerdem dürfe "Rechtsradikalen und Neofaschisten" - Kühnert meint die AfD - nicht die Oppositionsführerschaft im Bundestag überlassen werden.
18.13 Uhr: Die SPD-Führung schwenkt auf einen Vorschlag der nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten ein, dass nach Sondierungsgesprächen ein Sonderparteitag über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union entscheiden soll. Die Parteispitze hatte dafür nur einen kleinen Parteitag vorgesehen. Da wären aber nur Mandatsträger und SPD-Funktionäre dabei gewesen.
18.00 Uhr: Der Redebedarf in der Partei ist enorm, aber nach fast fünfstündiger kontroverser Debatte kürzt die Parteitagsregie die Generalaussprache ab, um noch Zeit für die Beratung über die Anträge und die Abstimmungen zu haben.
17.25 Uhr: SPD-Vize Ralf Stegner macht klar, dass er kein Befürworter der Großen Koalition ist. Trotzdem wirbt er dafür, mit der Union zu sprechen. Die Partei müsse aber für Inhalte kämpfen und "beinhart" verhandeln. Die SPD könne nicht sagen: "Wir reden nicht." Deshalb müsse der Antrag von Schulz angenommen werden. Ohne Gespräche ziehe man der SPD bei Neuwahlen sonst "das Fell über die Ohren". Die SPD sei nicht für sich selber da, sondern "für die Menschen da draußen".
16.50 Uhr: Noch 50 Redner stehen auf der Liste. Doch schon jetzt ist nicht mehr zu übersehen, dass der Graben zwischen dem Parteivorstand und der Basis groß ist. Jeder zweite Delegierte spricht von Ängsten und Befürchtungen. Der Widerstand gegen Gespräche mit der Union ist erheblich. Was macht Martin Schulz, wenn die Delegierten sich verweigern und gegen den Leitantrag des Vorstands stimmen? Hat er einen Plan B?
16.29 Uhr: Kaum ein Delegierter hält sich an die vereinbarten drei Minuten Redezeit. Im Parteitagspräsidium macht sich leichte Ungeduld breit. Um die Disziplin etwas zu erhöhen, verliest die Parteitagsregie die Namen derer, die noch reden wollen und gibt einen Appell ab: "Ich nehme gerne einen Verzicht auf den einen oder anderen Wortbeitrag an." Ob sich jemand darauf einlassen wird? Eher nicht. Mehr denn je will die SPD diskutieren.
16:01 Uhr: Ein Delegierter aus Bayern geht hart mit Parteichef Martin Schulz ins Gericht. Der habe nach dem Wahldebakel der SPD eine Große Koalition ausgeschlossen und sei nun "eingebrochen". "Martin, wer soll dir noch irgendetwas glauben?" Bereits 2013 habe die Parteiführung massiven Druck auf die Partei ausgeübt, um eine Zustimmung zur Großen Koalition zu erwirken. Das könne sich nun wiederholen. "Ich spreche mich dafür aus, dass wir die GroKo ausschließen", betont der Delegierte und erntet viel Beifall.
15.35 Uhr: 26 Delegierte haben bis jetzt das Wort ergriffen, 65 stehen aber noch aus. Für die Parteitagsregie ein Grund, die Redezeit von fünf auf drei Minuten zu senken. Außerdem wird die Rednerliste geschlossen. Mit etwas mathematischer Begabung lässt sich ausrechnen, dass der Parteitag nicht vor 19 Uhr über den Leitantrag abstimmen wird. Erst danach steht die Wahl des Parteivorsitzenden an.
15.10 Uhr: "Eine Partei ist kein Selbstzweck", betont Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen. Die SPD sei unverändert Gegenstand der Hoffnung von Millionen Menschen im Land. "Deren Lage zu verbessern, ist die eigentliche Aufgabe der SPD, und davor darf man nicht kneifen." Die SPD müsse sich auf Gespräche mit der Union einlassen, sonst könne sie nicht herausfinden, "was geht und was nicht".
14.55 Uhr: Andrea Nahles, die Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, beklagt erhebliches Misstrauen innerhalb der Partei. Delegierte würden ihr immer wieder sagen: "Wir glauben Euch nicht, dass das noch ergebnisoffen ist", so Nahles. "Ich persönlich kann für mich wirklich sagen, dass ich in Gespräche mit der Union ergebnisoffen reingehe, denn das ist ein Gebot ganz banaler Vernunft und Klugheit." Die SPD werde nichts verschenken. "Wenn ich hier einigen Leuten zuhöre, dann springt mich Angst an. Angst vor dem Regieren. Angst, dass sich die SPD auf dem Altar des Regierens opfert." Das dürfe aber kein Maßstab für eine Entscheidungsfindung sein.
14:35 Uhr: Bundesfamilienministerin Katharina Barley, die vor Hubertus Heil Generalsekretärin der SPD war, wirbt für Gespräche mit der Union. "Ich bin seit ein paar Monaten Regierungsmitglied und ich mache das für mein Leben gerne." Trotzdem habe sie am Wahlabend des 24. September aus vollem Herzen gesagt, die SPD müsse die Reißleine ziehen und in die Opposition gehen. Seitdem habe sich aber einiges geändert. "Die Menschen schauen jetzt auf uns." Barley sieht die SPD in der Pflicht. "Was dabei rauskommt, kann ich jetzt noch nicht sagen."
14.15 Uhr: Im Fünf-Minuten-Takt sprechen sich die Delegierten dagegen oder dafür aus, Gespräche mit der Union aufzunehmen. Befeuert von der Sorge, dass sich der Niedergang der SPD fortsetzen könnte, sind viele Delegierte ausgesprochen skeptisch. "Wir stehen an einem Scheideweg", sagt eine junge Sozialdemokratin. Der Partei sei der Kompass abhanden gekommen. "Wir sind jetzt mehrfach gegen eine Mauer gelaufen, darf muss aufhören." Die SPD im derzeitigen Zustand in eine große Koalition zu schicken, sei politischer Selbstmord.
13.57 Uhr: Für die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer ist wichtig, dass ihre Partei nichts vor vorneherein ausschließt, auch keine GroKo. "Die Entscheidung, jetzt Nein zu sagen, ohne mit einander ins Gespräch zu kommen, halte ich für falsch." Dreyer wirbt für den Antrag des Parteivorstands, ergebnisoffen in Gespräche mit der Union zu gehen. In alle weiteren Entscheidungen werde die Parteibasis dann eng eingebunden.
13.39 Uhr: Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert spricht sich vehement gegen eine Große Koalition aus. Die Wähler hätten klar gezeigt, dass sie diese Konstellation nicht mehr wollten. Die SPD solle sich Zeit nehmen, um sich in der Opposition zu erneuern. "Diese Erneuerung wird außerhalb einer GroKo sein oder sie wird nicht sein." Als junger Sozialdemokrat habe er ein Interesse daran, "dass noch etwas übrig bleibt von dem Laden", betont Kühnert. Die Jusos stellen rund 90 der 600 Delegierten.
13.26 Uhr: Gesine Schwan, die Vorsitzende der Grundwertekommission der SPD, warnt ihre Partei vor der Duldung einer Minderheitsregierung. "Dann sind wir involviert, ohne gestalten zu können. Ich glaube nicht, dass das eine Lösung ist." Schwan plädiert dafür, dass die SPD zusammen mit Union und Grünen regiert.
13.13 Uhr: Ohne Zeitverzögerung beginnt nun die Debatte über die 80 Änderungsanträge zum Leitantrag. Alle Redner werden aufgefordert, nicht länger als fünf Minuten zu sprechen. Es beginnt schlecht für Schulz. "NoGroKo" fordert der erste Delegierte, der das Wort ergreift. Er gehört zu den Jusos, den Jungsozialisten, die geschlossen gegen die Fortsetzung der Koalition mit der Union sind. Viele Delegierte applaudieren.
13.08 Uhr: Etwas mehr als 70 Minuten hat Martin Schulz geredet. Stehend applaudieren die Delegierten und der Parteivorstand. Es ist ein warmer Applaus, kein frenetischer. Schulz beendet ihn nach knapp vier Minuten. Mit der Stimmung, die im März herrschte, als Schulz ohne Gegenstimmen zum SPD-Vorsitzenden gewählt wurde, ist die Atmosphäre diesmal nicht zu vergleichen.
13.02 Uhr: Schulz bittet um die Zustimmung der Delegierten zum Leitantrag: "Lasst uns zuerst sehen, welche Inhalte wir durchsetzen können und lasst uns dann entscheiden, in welcher Form wir das tun. Dieser Leitantrag kombiniert beides. Unsere politischen Inhalte zuerst und keinen Automatismus in irgendeine Richtung. Für dieses Vorgehen gebe ich Euch meine Garantie!"
13:00 Uhr: Seite 60 von 70 Seiten Redetext. Schulz kommt zu dem Thema des Tages. "Es geht nicht um die Frage GroKo oder nicht GroKo. Nicht um die Frage Minderheitsregierung. Kenia oder Neuwahl." Auf den Inhalt komme es an und nicht auf die Form "Wir müssen nicht um jeden Preis regieren. Aber wir dürfen auch nicht um jeden Preis nicht regieren wollen! Entscheidend ist, was wir durchsetzen können!"
12:50 Uhr: Schulz ist beim Thema Rechtspopulismus angekommen. Ohne die AfD beim Namen zu nennen, spricht er von den "Hetzern von rechts, die jetzt auch im Bundestag sitzen". Sie seien "Rechtsradikale und Deutschnationale, auch wenn sie mit Adelstiteln daherkommen". Der Applaus ist gewaltig, als Schulz ruft: "Wenn es ein Bollwerk gegen diese Leute gibt, dann ist das die SPD." Dazu gehöre auch, Menschen mit Migrationshintergrund nicht auszuschließen oder als Sicherheitsrisiko darzustellen. "Deutschland ist ein Einwanderungsland." An die Adresse der Union ergänzt Schulz: "Ein Recht auf Krieg und Verfolgung kennt keine Obergrenze!"
12.47 Uhr: "Wir haben in diesem Jahr die Ehe für alle durchgesetzt. Bei allen Misserfolgen dieses Jahres, hat es sich alleine dafür gelohnt, Politik zu machen", sagt Schulz. "Wir haben vielen Menschen einen ganz persönlichen Traum ermöglicht. Darauf können wir stolz sein!"
12:42 Uhr: Großer Beifall für ein Umweltthema: "Ökologische Grundrechte müssen den gleichen Stellenwert wie soziale und individuelle Grundrechte haben." Obwohl sich die SPD als Partei der Bergleute verstehe, so Schulz, habe die Kohleverstromung keine Zukunft.
12:38 Uhr: Von Europa kommt Schulz in seiner Rede wieder auf Deutschland zurück. "Ein Land mit Milliardenüberschüssen muss in der Lage sien, die Löcher im Schuldach zu reparieren und dafür zu sorgen, dass die Toilette funktioniert, dass unsere Kinder mit den modernsten Materialien lernen. Unser Bildungssystem ist nicht modern und das muss sich ändern."
12:29 Uhr: Seit fast einer viertel Stunde redet der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz über Europa-Politik. Er will ein sozialeres Europa, das "gerechter und innovativer" werde müsse. Dafür habe die SPD eine Verantwortung. "Weitere vier Jahre deutsche Europapolitik à la Wolfgang Schäuble kann sich die EU nicht leisten."
12:23 Uhr: Schulz will die Europäische Union bis 2025 in die Vereinigten Staaten von Europa mit einem gemeinsamen Verfassungsvertrag umwandeln. Der müsse allen Mitgliedsstaaten vorgelegt werden. "Diejenigen, die nicht zustimmen, verlassen dann automatisch die EU", sagt der langjährige EU-Parlamentspräsident.
12:15 Uhr: Langsam arbeitet sich Schulz zu seinem eigentlichen Anliegen vor. "Für den Zustand der SPD sind weder Frau Merkel noch die Große Koalition, weder der Neoliberalismus noch die Medien verantwortlich. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung! Und deshalb müssen wir gestalten wollen." Was Schulz den Delegierten damit sagen will ist, dass man das in der Opposition schlecht kann.
12:06 Uhr: "Wir sind nicht die Elite oder die abgehobene Oberschicht, sondern die sozialdemokratische Bewegung, die für die Menschen, die uns brauchen, da sein muss." Die Delegierten applaudieren begeistert.
12:01 Uhr: "Wir haben es nicht geschafft, einen Gesamtentwurf für die Zukunft unsere Landes zu entwickeln. Unser größtes Problem ist, dass wir unser klares Profil verloren haben."
11:58 Uhr: "Es ist nicht leicht hier zu stehen, nach so einem Jahr", sagt Schulz. "So ein Jahr kann man nicht abschütteln, das steckt einem in den Knochen. Auch weil ich weiß, wie enttäuscht, ja wütend, viele Menschen waren und sind. Bei all diesen Menschen bitte ich für meinen Anteil an unserer Niederlage um Entschuldigung. Ich möchte als Parteivorsitzender meinen Beitrag dazu leisten, dass wir es besser machen."
11:52 Uhr Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz ergreift das Wort. 1,5 Stunden soll seine Rede dauern. Für Schulz geht es um alles oder nichts. Er wird versuchen, die Delegierten auf die Linie des Parteivorstands einzuschwören, ergebnisoffene Gespräche mit der Union über eine neue Regierung zu führen. Wird der Parteitag ihm folgen? Wenn nicht, dann ist auch Schulz' Wiederwahl zum Partei-Vorsitzenden keine Selbstverständlichkeit mehr.
11.45 Uhr: Müller betreibt Ursachenforschung für das "enttäuschende Wahlergebnis" der SPD. "Die Arbeitsmarktreform Agenda 2010 hat uns vorangebracht, hat aber auch zu sozialen Verwerfungen geführt und uns viele Stimmen gekostet."
11.35 Uhr: Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller begrüßt die Delegierten. "Es ist ein harter Parteitag, der vor uns liegt." Es werde große Diskussionen über die Zukunft geben. Müller baut die Delegierten aber auch auf. "Unsere Grundwerte sind nichts Verstaubtes!" Der Kampf für soziale Gerechtigkeit sei hochaktuell.
11.05 Uhr: Pünktlich hat in Berlin der Bundesparteitag der SPD begonnen. SPD-Vize Aydan Özoguz sagte zur Eröffnung, die Partei müsse überlegen, was sie für das Land tun könne. "Deutschland ist in einer schwierigen Lage. Uns stehen drei Tage mit großen Entscheidungen bevor." In diesen Tagen komme es auf die Entscheidung der SPD an. Damit meint sie die Frage, ob sich die SPD nach dem Scheitern der Jamaika-Sonderungen erneut auf eine Große Koalition mit der Union einlassen soll. Darüber werde man "leidenschaftlich und kontrovers diskutieren". Es gebe verschiedene Meinungen und unterschiedliche Wege.
Die etwa 600 Delegierten wählen in Berlin auch einen neuen Vorstand. Parteichef Martin
Schulz stellt sich zur Wiederwahl. Im März war er mit dem Rekordergebnis von 100 Prozent der Stimmen zum Nachfolger von Sigmar Gabriel gewählt worden.