LKW-Fahrer-Streik legt Brasilien lahm
25. Mai 2018In den über 20 Bundesstaaten blockieren Tausende Lastwagen den fünften Tag in Folge wichtige Verbindungsstraßen, ebenso die Zufahrt zu den Raffinerien. Die meisten Tankstellen in den Großstädten haben wegen fehlender Lieferungen keinen Kraftstoff mehr, den sie verkaufen können.
Hauptstadtflughafen lahmgelegt
Der öffentliche Busverkehr ist weitgehend zum Erliegen gekommen. Zahlreichen Lebensmittelmärkten gingen wegen der Blockade vor allem Frischwaren aus. Auch bei Trinkwasser und Flaschengas gibt es erste Engpässe. Die Schulen blieben vielerorts geschlossen. Viele Flughäfen haben Probleme mit der Beschaffung von Kerosin. Dem Flughafen in der Hauptstadt Brasilia ist bereits das Flugbenzin komplett ausgegangen, so dass keine Flugzeuge mehr aufgetankt werden.
Im Bundesstaat São Paulo - dem industriellen Herzen der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas - mussten zahlreiche Fabriken ihre Produktion herunterfahren, da der Nachschub ausblieb. "Die Bänder in Brasiliens Autowerken stehen still", teilte der Industrieverband mit. Auf mit Lebendvieh wie Hühnern oder Schweinen beladenen Lastkraftwagen, die sich seit Tagen an den Blockaden beteiligen, sollen bereits Tausende Tiere verendet sein.
Temer schickt Armee und Polizei
Staatspräsident Michel Temer hat einen Tag nach einer Teileinigung mit Gewerkschaftsvertretern den Sicherheitskräften befohlen, die von Lkw-Fahrern blockierten Straßen zu räumen. Er habe Bundestruppen wie die Armee und die Landespolizei ermächtigt, notfalls mit Gewalt Straßen wieder passierbar zu machen. Eine "radikale Minderheit" von Fernfahrern habe kein Recht, das Land zu lähmen, sagte Temer in einer Fernsehansprache. "Wir werden nicht zulassen, dass die Bevölkerung keinen Zugang zu lebenswichtigen Gütern hat ... dass Krankenhäuser nicht über die notwendigen Medikamente verfügen, um Leben zu retten."
Fernfahrer sehen ihren Job nicht mehr als profitabel
Die Lastwagenfahrer protestieren seit Montag gegen den hohen Dieselpreis. Anfang 2017 hatte der halbstaatliche Ölkonzern Petrobras seine Politik der festgesetzten Preise geändert und die Kraftstoffpreise an den Weltmarkt gekoppelt. Seitdem haben sich die Preise für Benzin und Diesel praktisch verdoppelt. Der Transport über Straßen, über den 80 Prozent der gesamten inländischen Warenverteilung abgewickelt werde, sei seitdem nicht mehr rentabel, so die Lastwagenfahrer. Sie verlangen eine deutliche Senkung der Dieselpreise sowie Steuererleichterungen für den Transportsektor.
Obwohl sich Gewerkschaftsvertreter am Donnerstagabend (Ortszeit) mit der Regierung auf eine zweiwöchige Unterbrechung des Streiks geeinigt hatten, setzten die meisten Lastwagenfahrer am Freitag ihre Proteste fort. Sie lehnen die Einigung ab, da sie ihnen nicht weit genug geht. Gewerkschaften und Branchenvertreter fordern eine gesetzlich verbriefte Senkung der Steuern auf Kraftstoffe.
qu/uh (afp, rtr, dpa, epd, kna)