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Lobeshymnen für die Bundeswehr

Kay-Alexander Scholz, Berlin11. November 2015

Die Bundeswehr hat den 60. Jahrestag ihrer Gründung mit einem Großen Zapfenstreich vor dem Reichstag gefeiert. Festredner würdigten das Engagement der Soldaten - vom Auslandseinsatz bis zur Flüchtlingshilfe.

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Deutschland 60 Jahre Bundeswehr Zapfenstreich in Berlin
Bild: Reuters/H. Hanschke

Der Zapfenstreich ist die höchste Form der militärischen Ehrenbezeugung - sie hat ihre Wurzeln im 16. Jahrhundert. Die Zeremonie wird nur zu besonderen Anlässen aufgeführt. Dieses Mal war der "Große" Zapfenstreich vor dem Berliner Reichstag sogar besonders groß. Nicht auf einer Breite von 50, sondern von 80 Metern wurden 320 Soldaten in den sogenannten Waffenzügen und als Fackelträger eingesetzt. Weitere 80 Fackelträger in Marineuniform bildeten eine "Perlenkette" an den Zugängen zum Parlamentssitz und als Umarmung des Zapfenstreichs. Es spielten Musiker aus dem Stabsmusikkorps aus Berlin und dem Heeresmusikkorps Kassel. 2500 Gäste waren eingeladen, darunter ein Viertel Bundeswehrangehörige als Repräsentanten aus allen Truppenteilen der Bundeswehr. Die Polizei hatte die Straßen im Regierungsviertel zuvor gesperrt. Rund 200 Demonstranten protestierten nordöstlich davon am Rosenthaler Platz gegen das Zeremoniell.

Ein Geburtstagsständchen

Der Ablauf vor dem Reichstag folgte einer festgelegten Reihenfolge musikalischer Elemente und militärischer Zeremonie. Einziges wechselndes Element sind die Serenaden. Vor der Kulisse des Reichstags war dieses Mal ein Lied von Herbert Grönemeyer zu hören - als Geburtstagsständchen. In der Bearbeitung von "Celebrate the day" waren viele lateinamerikanische Anklänge zu hören. Das gab dem Abend eine fast beschwingte Note. Auf der Tribüne war zu spüren, dass viele im Takt mit wippten.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (Foto: Dpa)
Verteidigungsministerin Ursula von der LeyenBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Auch in den beiden Reden von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und von Bundestagspräsident Norbert Lammert klangen die Worte nicht schwer, sondern nach einem stolzen Gefühl auf die Entwicklung der Bundeswehr. Für die, wie Lammert sagte, der Reformprozess fast der Regelfall sei.

Im Auftrag für Europa

Ein Vertrauensvorschuss habe am Beginn der Bundeswehr gestanden, so von der Leyen. Die Wiederbewaffnung sei damals alles andere als populär gewesen. Nach den Erfahrungen des Krieges sei es für die Überlebenden schwer vorstellbar und verkraftbar gewesen, je wieder eine Armee zu haben. "Deshalb mussten die neuen Streitkräfte das Werteverständnis des Grundgesetzes widerspiegeln", erinnerte die Verteidigungsministerin, "sie mussten aus 'Staatsbürgern in Uniform' bestehen".

Von Anfang an sei die Bundeswehr gedacht als ein Beitrag zur gemeinsamen Verteidigung im Bündnis, so von der Leyen. Und so habe sich Deutschland von Tag eins an auf das Schutzversprechen der Bündnispartner verlassen. Dessen gelte es zu erinnern, so von der Leyen, wenn es heute darum gehe, "den Freunden im Osten ihre Befürchtungen zu nehmen" oder bei der gemeinsamen Vorbereitung auf Bedrohungen aus dem Süden. Welche Bedrohungen dies sind, führte sie dabei nicht näher aus. "Die Bundeswehr ist eine verlässliche Größe für die NATO und umgekehrt."

Deutschland 60 Jahre Bundeswehr Demonstration in Berlin
"Kein Grund zu feiern" für die GegendemonstrantenBild: picture-alliance/dpa/K.-D. Gabbert

Das gelte aber auch für die Europäische Union. Kein Staat Europas werde seine Sicherheit alleine gewährleisten können. Europa brauche eine "starke und handlungsfähige Allianz" und ein "Maximum an Solidarität und Gemeinsamkeit". Alle hätten einen fairen Teil der gemeinsamen Verantwortung zu schultern. Die Präambel des Grundgesetztes zitierend erinnerte von der Leyen an den "Friedensauftrag in einem vereinten Europa für die Welt". Deutschland sei heute ein "gleichberechtigtes Mitglied" im Kreise der Demokratien. Das bedeute Anerkennung und Verpflichtung zugleich.

"Soldaten der Menschenrechte und Menschenwürde"

Nach dem Fall der Mauer nahm die Bundeswehr am 3. Oktober 1990 fast 89.000 Soldaten der Nationalen Volksarmee der DDR auf. Davon blieben bis 1998 rund 9300 in der Truppe, heute sind es noch 2213. Es sei eine außergewöhnliche Leistung, dass die Bundeswehr und die DDR-Armee so schnell zusammen wachsen konnten, sagte von der Leyen. "Dahinter standen sicher auch Mut und klug abgewogene Entscheidungen." Ausschlaggebend sei jedoch das Vertrauen in die Bundeswehr als Verfassungsinstitution des vereinten Deutschlands gewesen.

Die Bundeswehr habe die innere Einheit am schnellsten vollzogen, sagte Lammert, und sei damit ein Beispiel für die ganze Gesellschaft gewesen.

Die Bundeswehr sei heute eine Armee, die sich zu ihrer Verantwortung in der Welt bekenne, so von der Leyen. Es seien "Soldaten der Menschenrechte und Menschenwürde", die nach innen und nach außen hierfür einstünden. Diese Verantwortung zeige sich auch beim Umgang mit Flüchtlingen, wenn die Marine im Mittelmeer diese vor dem Ertrinken rettet.

Weltweit einzigartige Verbindung von Parlament und Armee

385.000 Soldaten wurden seit Anfang der 1990er-Jahre in Auslandseinsätze geschickt - viele Soldaten waren mehrmals im Ausland. Derzeit nehmen 2960 Soldaten an 16 Missionen teil. 106 Soldaten kamen im Auslandseinsatz ums Leben, 37 davon starben in Gefechten oder durch Anschläge - allein 35 in Afghanistan. Von der Leyen gedachte der Gefallenen - aber auch an diejenigen, die Verwundungen an Leib und Seele erleiden mussten.

Bundestagspräsident Lammert betonte das besondere Verständnis der Bundeswehr als einer "Parlamentsarmee". Der Bundestag entscheide auf Antrag der Bundesregierung, ob, wo und in welchem Umfang Soldaten an Auslandseinsätzen teilnehmen. So eine Verbundenheit gebe es in der Welt kein zweites Mal, so Lammert. Seit 1990 sei die Bundeswehr beispielsweise Gegenstand von 110 Gesetzesinitiativen gewesen und von 39 Regierungserklärungen. Fast doppelt so viele Soldaten, wie derzeit in Auslandseinsätzen aktiv sind, würden bei der Flüchtlingskrise helfen, sagte Lammert in diesem Zusammenhang. Dieser Einsatz im Inneren übersteige alle bisherigen Dimensionen.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (Foto: Dpa)
Bundestagspräsident Norbert LammertBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Soldaten seien Vorbilder, weil sie im Extremfall bereit wären, ihre Mitmenschen mit ihren eigenen Leben zu schützen. Das sei ein "ganz und gar nicht gewöhnlicher Beruf". Als Garant der Freiheit verdiene die Bundeswehr die "tätige Unterstützung" von Staat und Gesellschaft, forderte die Verteidigungsministerin. Die Soldaten verdienten Rückhalt und "unser Herz für ihren Dienst für unser Land".

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