London will Brexit-Deal neu verhandeln
21. Juli 2021Mit der Forderung nach einer Neuverhandlung des Nordirland-Protokolls hat Großbritannien den Post-Brexit-Streit mit der Europäischen Union neu angefacht. Die britische Regierung verlangte, das Protokoll vorübergehend auszusetzen. "Wir können so nicht weitermachen", sagte Brexit-Minister David Frost vor dem Parlament in London.
Die Absage aus Brüssel kam innerhalb weniger Stunden. EU-Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic erklärte, eine "Neuverhandlung" sei ausgeschlossen. Die EU sei zwar bereit, den Dialog fortzusetzen und "innovative Lösungen" mit London zu finden. Dies müsse aber "im Rahmen" des Nordirland-Protokolls geschehen. Sefcovic verwies darauf, dass die in harter Arbeit ausgehandelten Regelungen vom britischen Parlament ratifiziert worden waren.
Brexit-Minister Frost hatte verlangt: "Wir müssen uns schnell auf ein Moratorium einigen." Es seien Nachverhandlungen nötig, um das Nordirland-Protokoll in ein "neues Gleichgewicht" zu bringen. Eine vorübergehende Aussetzung der Regelungen würde es ermöglichen, "die Probleme als Ganzes anzugehen" und nicht von einer Krise in die nächste zu stürzen, fügte der für Nordirland zuständige Staatssekretär Brandon Lewis hinzu.
London will Verlängerung der Übergangsregeln
Das Protokoll sieht vor, dass zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland keine Zollkontrollen eingeführt werden. Stattdessen soll zwischen Großbritannien und Nordirland kontrolliert werden. Die britische Regierung fordert nun unter anderem eine Lockerung der Kontrollen und eine Verlängerung der Übergangsregelungen für bestimmte Güter.
Die Anwendung des Nordirland-Protokolls sorgt seit Monaten für Streit zwischen Großbritannien und der EU. Eine Ausnahmeregelung für Fleischprodukte bei den Zollkontrollen hatte die EU bereits um drei Monate bis zum 30. September verlängert.
Das EU-Mitglied Irland mahnte zu Realismus und erteilte Großbritanniens Forderungen ebenfalls eine klare Absage. Das Nordirland-Protokoll sei von London und Brüssel gemeinsam vereinbart worden und müsse nun auch gemeinsam umgesetzt werden, sagte Außenminister Simon Coveney in Dublin.
Die Unionisten in Nordirland kritisieren, dass durch das Protokoll de facto eine Seegrenze zwischen Nordirland und dem Rest Großbritanniens geschaffen wird. Sie fürchten, dass so der Weg für eine Wiedervereinigung Nordirlands mit Irland geebnet werden soll.
Andererseits könnte eine Zollgrenze zwischen Nordirland und der Republik Irland das Karfreitagsabkommen von 1998 in Gefahr bringen, das den jahrzehntelangen, blutigen Nordirland-Konflikt beendet hatte.
uh/jj (afp, rtr)