L'Oréal-Haupterbin Bettencourt entmündigt
17. Oktober 2011Frankreichs reichste Frau, Liliane Betttencourt (88), wird nach Angaben der Anwältin ihrer Tochter Françoise entmündigt. Als gesetzlichen Betreuer für die Haupterbin des Kosmetikimperiums L'Oréal habe ein Vormundschaftsgericht in Courbevoie bei Paris am Montag (17.10.2011) deren Enkel Jean-Victor Meyers bestimmt. Das Vermögen der alten Dame werde von der Tochter Françoise sowie zwei Enkeln verwaltet, gab die Anwältin Charlotte Robbe-Phan bekannt.
Verfall des Gehirns?
Die Milliardärin hatte am Vortag in einem Zeitungsinterview für den Fall einer Vormundschaft mit Auswanderung gedroht und ihrer Tochter Boshaftigkeit vorgeworfen. Ihr Anwalt kündigte Einspruch gegen die Entscheidung an. Die kurz vor ihrem 89. Geburtstag stehende L'Oreal-Erbin soll nach Medienberichten an Demenz oder Alzheimer leiden. Die Online-Ausgabe der Zeitung "Le Monde" spricht unter Berufung auf ein ärztliches Gutachten von einem allmählich einsetzenden Verfall des Gehirns. Bettencourts Anwalt Jean-René Farthouat behauptet jedoch, dass das der Richter-Entscheidung zugrundeliegende Verfahren mangelhaft gewesen sei. Sein angekündigter Einspruch hat allerdings keine aufhebende Wirkung, was den Spruch von Courbevoie betrifft.
Die Tochter Françoise Bettencourt-Meyers versuchte seit langem, ihre Mutter für unmündig erklären zu lassen. Beide Frauen hatten sich über die Medien heftige Auseinandersetzungen geliefert. Die Tochter warf der 88-Jährigen vor, sie verschleudere unter dem Einfluss von Freunden und Bekannten große Teile ihres Vermögens. Mitarbeiter nutzten ihre Schwächen schamlos aus, darunter der homosexuelle Dandy und Promi-Fotograf François-Marie Banier. Insgesamt soll Liliane Bettencourt ihm Immobilien, Lebensversicherungen und Gemälde im Wert von einer Milliarde Euro geschenkt haben, behauptete die Bettencourt-Tochter. Mutter Liliane wehrte sich mit einer Klage wegen Psychoterrors und versöhnte sich schließlich in einer Mischung aus Familien- und Geschäftssinn Ende vergangenen Jahres mit ihrer Tochter. Françoise Bettencourt-Meyers ließ ihrerseits alle Klagen fallen und erhielt im Gegenzug Zugeständnisse von der Mutter.
Auch Präsident Sarkozy von Affären betroffen
Bettencourt ist vermutlich auch in eine Parteispendenaffäre verwickelt, die die konservative Regierung unter Nicolas Sarkozy belastet. Dabei geht es um mutmaßliche Spenden für die Regierungspartei UMP. Die frühere Buchhalterin der Milliardärin versicherte, Bettencourt habe im Jahre 2007 den Präsidentschaftswahlkampf Sarkozys finanziell unterstützt. Demnach soll die Milliardärin dem damaligen Schatzmeister der UMP und späteren Arbeitsminister Eric Woerth 50.000 Euro in bar überreicht haben. Woerth wurde im Herbst 2010 aus dem Kabinett entlassen.
Nach ihrem Punktsieg in der jahrelangen Auseinandersetzung besänftigte die Tochter als erstes die um die Zukunft des Konzerns besorgten Aktionäre. Es bestehe kein Grund zur Sorge durch die Gerichtsentscheidung, ließ sie erklären. Änderungen seien nicht in Sicht.
Autor: Stephan Stickelmann (afp, dapd, dpa)
Redaktion: Eleonore Uhlich