Surrealer Bilderstürmer
5. Januar 2008Buñuel musste sich im Laufe seines Lebens gleich mehrfach neu erfinden. Als surrealistischer Bilderstürmer an der Seite von Salvador Dali betrat er mit "Ein andalusischer Hund"1928 die Kinogeschichte. In den 50er Jahren schuf er im mexikanischen Exil einige bemerkenswerte Filme, die auch sozial- und gesellschaftskritisch waren. Wieder in Spanien sorgte er mit "Viridiana" für einen großen Skandal. Und sein Alterswerk mit Meisterwerken wie "Belle de Jour" und "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" fügte dem europäischen Kino der Autoren eine ganz besondere Note hinzu.
Jeder, der das Kino liebt, dürfte Buñuel frühe spanische und seine späten französischen Filme kennen. Weniger geläufig hingegen ist Buñuels mexikanische Schaffensphase. Nachdem er sein vom Bürgerkrieg zerrissenes Heimatland verlassen hatte, kam er über die USA nach Mexiko und drehte dort unermüdlich einen Film nach dem anderen. "Luis Buñuel - Mexiko" gewährt nun einen oft überraschenden Einblick in diese Werkphase.
"Los Olvidados/Die Vergessenen" (1950)
Buñuels fulminantes Comeback nach Jahren des Exils. Die Vergessenen sind die Kinder und Jugendlichen der Vorstädte. Ein Sozialdrama um eine Jugendbande zwischen Aufruhr und Überlebenskampf. Und doch auch ein typischer Buñuel-Film mit phantastischen Einlagen: "Als ich das Drehbuch schrieb, wollte ich ein paar kurze, unerklärliche Bilder unterbringen, bei denen der Zuschauer sich fragen sollte: "Habe ich richtig gesehen?", gibt
Buñuel Einblick in die Entstehungsphase des Streifens.
"Susanna - Carne Y Demonio/Tochter des Lasters" (1951)
Buñuel auf erotischen Pfaden. Eine junge Frau entflieht dem Gefängnis und bringt die männlichen Bewohner einer Hazienda zum Rasen. Eine Attacke gegen Bigotterie und die katholische Kirche: "Eine Komödie, die hinter der Geschichte des Mädchens Susana eine zweite Geschichte erzählt: darüber, wie eine - zunächst fest gefügte, in ihren Wertvorstellungen sichere - Familie zunehmend auseinander bricht", fasst der Filmkritiker Klaus Eder zusammen.
"El/Er" (1952)
Ein sensationell eindringliches Eifersuchtsdrama. Ein Film über einen manisch Liebenden, der von den eigenen Wahnvorstellungen zerfressen wird. Der Filmemacher ist mächtig stolz auf diesen Film: "... einer meiner Lieblingsfilme. Es ist das Porträt eines Paranoikers. Die Paranoiker sind wie die Dichter. Sie werden so geboren, und dementsprechend interpretieren sie die Realität immer im Sinn ihrer Obsession, auf die sie alles beziehen."
"Abismos De Pasión/Abgründe der Leidenschaft" (1953)
Emily Brontës "Sturmhöhe“ auf mexikanisch: ein Melodrama, wie es Hollywood nicht besser hätte hin bekommen können, eine amour fou à la Buñuel über die zerstörerische Kraft der Liebe. "Die Liebenden sind ebenso aggressiv wie die Skorpione in "Das Goldene Zeitalter“ und zerstören alles, was sie umgibt“, stellt Filmautor Bill Krohn fest.
"Ensayo De Un Crimen/Das verbrecherische Leben des Archibaldo de la Cruz" (1955)
Ein Film über einen Mann, der töten will, dem dies aber nicht gelingt. Archibaldo de la Cruz ist der Mann, der die Frauen liebt und gleichzeitig glaubt, sie töten zu müssen. Das Resümee des Filmkritikers Michael Schwarze lautet: "Eine schwarze Komödie, mit der Buñuel zum ersten Mal seine vielfältigen Talente auf dem Felde des schwarzen Humors unter Beweis stellt."
Zusatzmaterial
In der beim Anbieter "Pierrot le Fou" erschienenen Box mit 5 DVDs ist noch der kürzere Film "Las Hurdes" (Land ohne Brot) sowie eine Dokumentation über Bunuels mexikanischen Jahre enthalten.