Maas: Deutschland hat ein Terrorproblem
22. Juni 2019Bundesaußenminister Heiko Maas hat nach dem Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke zu Protesten gegen Rechts aufgerufen. "Zeigen wir, dass wir mehr sind als die Rechtsradikalen, die Antisemiten, die Spalter. So wie die 'unteilbar'-Demonstranten in Berlin und an vielen anderen Orten", schreibt Maas in einem Gastbeitrag für die "Bild"-Zeitung. Vorbild könnten auch die wöchentlichen Klimaproteste junger Menschen sein: "Vielleicht braucht unser Land nicht nur die 'Fridays for Future', die so viel in Bewegung gebracht haben. Sondern auch einen Donnerstag der Demokratie."
12.000 gewaltorientierte Rechtsextreme
Deutschland habe ein Terrorproblem, so Maas weiter. Es gebe über 12.000 gewaltorientierte Rechtsextreme. 450 von ihnen seien untergetaucht, obwohl sie mit Haftbefehl gesucht werden. Wer Zweifel habe, welches Gewaltpotenzial in ihnen schlummere, der schaue nach Christchurch, Utøya oder Pittsburgh.
"Wegsehen kann tödlich sein. Wir müssen den Rechtsterrorismus endlich als solchen benennen", verlangt der Außenminister. Viel zu oft sei die Rede von "Einzelfällen" oder "Amokläufen" gewesen, wenn es um Angriffe von rechts gegangen sei. "Terror ist Terror" und terroristische Gewalt sei durch nichts zu rechtfertigen und dürfte nicht relativiert werden.
NSU, Henriette Reker...
Mit Blick auf den mutmaßlich von einem Rechtsextremisten erschossenen Lübcke erinnert den SPD-Politiker an die NSU-Mordserie oder das Attentat auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. "Deutschland 2019. 80 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkriegs werden Politiker wieder Opfer von Rechtsterroristen. Wegen ihrer politischen Überzeugungen. Wegen ihres Einsatzes für unser Land."
Und weiter schreibt Maas: "Kein Millimeter mehr den Feinden der Freiheit! Demokratie muss wehrhaft sein. Denn Demokratie stirbt an Gleichgültigkeit. Aber sie lebt, wenn wir sie verteidigen."
Seehofer: Rechtsextremismus ist "zu echter Gefahr geworden"
Bundesinnenminister Horst Seehofer will als Konsequenz aus dem Mordfall Lübcke den Kampf gegen den Rechtsextremismus deutlich verstärken. Wenn sich die Annahmen in diesem Fall bestätigen sollten, "ist die Entwicklung brandgefährlich", warnte der CSU-Politiker in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Der Rechtsextremismus sei "zu einer echten Gefahr geworden". Seehofer stellte den Rechtsextremismus auf eine Stufe mit dem islamistischen Terror und mit der Gefahr durch Reichsbürger.
Der Minister kündigte an, die Arbeit der Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und besonders der gewaltbereiten Personen und Netzwerke deutlich zu verstärken.
Der Kasseler Regierungspräsident Lübcke war Anfang Juni erschossen worden; dringend tatverdächtig ist ein Mann mit rechtsextremistischem Hintergrund. Der Mord wurde in sozialen Netzwerken von rechten Akteuren teilweise mit Häme und Schadenfreude kommentiert.
se/djo (afp, dpa, bild, kna)