"Die Zeit der Spielchen ist jetzt vorbei!"
16. Januar 2019"Nicht ausreichend"- so lautet das Urteil von Außenminister Heiko Maas über das, was da am Dienstagabend im britischen Unterhaus passiert ist. Die Abgeordneten, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch im Deutschlandfunk, hätten nicht klar gemacht, was sie wollen, lediglich, was sie nicht wollen. "Das ist nicht ausreichend", betonte der Außenminister. "Die Zeit der Spielchen ist jetzt vorbei", sagte Maas in Richtung der britischen Regierung. Jetzt brauche es schnelle Lösungen. Nachverhandlungen des vorgelegten Vertrags mit der EU sehe er aber kritisch. "Wir haben einen Kompromiss", sagte Maas. "Wenn es noch etwas gäbe, was man Großbritannien hätte anbieten können, hätte man das schon vor Wochen tun müssen." Auch eine Verschiebung des für Ende März geplanten EU-Austritts der Briten hält Maas für schwierig, auch angesichts der im Mai anstehenden Europawahlen.
Keine Nachverhandlungen
Auch Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) erteilte Nachverhandlungen zum Abkommen eine klare Absage. Großbritannien müsse für Stabilität sorgen, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Wir unterstützen Großbritannien auf seinem Weg, aber Nachverhandlungen zu dem Abkommen wird es nicht geben." Die SPD-Politikerin ist persönlich betroffen von den Ereignissen in London. Ihr Vater ist Brite. "Ich bin Britin seit meiner Geburt und werde das auch bleiben", kündigte sie jetzt an.
Am Abend muss sich die britische Premierministerin Theresa May einem Misstrauensantrag stellen, den die Opposition eingebracht hat. Es gilt aber als wahrscheinlich, dass sie dieses Votum übersteht. Maas sagte dazu, ein möglicher Sturz Mays würde die Lage noch komplizierter machen. Für Verhandlungen brauche es eine stabile Regierung in London. Was immerhin bedeutet: Maas hält weitere Verhandlungen für möglich, wenn auch nicht am Austrittsabkommen selbst.
"Ein unglaublicher Meinungskampf"
Noch vergleichsweise optimistisch äußerte sich im ZDF-Morgenmagazin Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU): "Ich bin sehr beeindruckt von diesem unglaublichen Meinungskampf. Es gibt nach wie vor viele, die raus wollen aus der EU. Aber es gibt eine ganz große Zahl von Jüngeren und Älteren, die sagen: Lasst uns nicht das Beste wegwerfen, was wir haben." Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen von der CDU, ließ durchblicken: Wenn die Briten tatsächlich nochmal in einem zweiten Referendum über einen Verbleib in der EU abstimmen wollten, müsste die Europäische Union ihnen auch mehr Zeit einräumen.
Weitaus pessimistischer sieht das die Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl im Mai, Nicola Beer. Sie forderte einen EU-Sondergipfel innerhalb von 48 Stunden. "Die Lage in Großbritannien sowie in der EU nach der Niederlage von Theresa May nach der Abstimmung ist dramatisch. Die EU muss sofort darauf reagieren." Beer setzte sich dafür ein, dass alle Seiten einen geordneten Brexit anstreben und sich danach so enge Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien wie möglich entwickeln können.
Norwegen plus? Auch unwahrscheinlich
Deutsche Medien spekulieren derweil über das Modell "Norwegen plus". Dabei würde Großbritannien der Staatengruppe aus Norwegen, der Schweiz, Liechtenstein und Island beitreten, die per Zollunion mit der EU verflochten ist. Das Problem dabei: Norwegen etwa zahlt auch in das EU-Budget ein, eine Lösung, die wohl auch wieder auf heftigen Widerstand der Brexit-Befürworter in London treffen würde.