G7 bündeln gemeinsame Politik gegenüber China
4. Mai 2021Die sieben führenden westlichen Industriestaaten haben eine gemeinsame China-Strategie verabredet. Darüber sei man sich bei den Beratungen in London einig gewesen, sagte Außenminister Heiko Maas nach einem Treffen mit seinem US-Kollegen Antony Blinken. "Wir sind alle der Auffassung, dass es weitaus effektiver ist, die Anliegen wie Menschenrechte oder Pressefreiheit gegenüber einem Land wie China viel stärker machen zu können, wenn wir das gemeinsam tun", fügte Maas hinzu. Er fügte hinzu: "Wirtschaftsinteressen gibt es überall, aber Fragen der Menschenrechte und der Freiheitsrechte müssen größeren Raum bekommen, wenn es um China geht."
Die G7 verstehen sich als Staatengruppe, die die westliche Wertegemeinschaft vertritt. Ihr gehören die USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan und Kanada an.
Die Außenminister der sieben Länder verständigten bei einem Treffen in der britischen Hauptstadt auch darauf, gerade in strukturschwachen Regionen Afrikas, Lateinamerikas oder auch Südosteuropas aktiver zu werden. "Wir wollen uns viel intensiver damit auseinandersetzen, inwieweit China seine wirtschaftliche Macht nutzt, um seinen geostrategischen Einfluss überall auf der Welt auszudehnen", erklärte Maas. "Dem wollen wir etwas entgegensetzen."
USA machen Druck
Vor allem die USA dringen auf eine härtere Haltung der Verbündeten gegenüber China oder Russland. US-Außenminister Blinken hatte am Montag allerdings betont, dass man China nicht eindämmen oder seinen Aufstieg verhindern wolle. Das Vorgehen der chinesischen Führung gegen die muslimische Minderheit der Uiguren wird von Washington scharf angeprangert und ein gerade erst zwischen der Europäischen Union und China vereinbartes Investitionsabkommen wird von den US-Verbündeten kritisch gesehen.
Beim EU-China-Investitionsabkommen gab es an diesem Dienstag allerdings Bewegung auf europäischer Seite. Die EU-Kommission erklärte in Brüssel, sie sehe wegen Chinas Sanktionen gegen Abgeordnete des Europaparlaments Schwierigkeiten für die künftige Ratifizierung des Abkommens. Diese könne nicht von den umfassenderen Beziehungen zwischen der EU und China getrennt werden. Nach mehrjährigen Verhandlungen hatten sich die EU und China am 30. Dezember 2020 im Grundsatz auf das Investitionsabkommen geeinigt.
Maas wies in London den Eindruck zurück, dass die US-Regierung die Partner unter Druck setze. Mit Blinken habe er auch über Russland und die Nord-Stream-2-Gaspipeline gesprochen. Dabei habe man die bekannten unterschiedlichen Positionen ausgetauscht, sagte Maas in Anspielung auf die US-Kritik an dem von der Bundesregierung unterstützten Milliardenprojekt. Wichtig sei vor allem, dass man im Gespräch bleibe. Viel entscheidender sei, dass die Pipeline nur ein Streitpunkt bei einer ansonsten sehr breiten Übereinstimmung zwischen den USA und Deutschland in außenpolitischen Fragen sei, betonte Maas. Die US-Regierung habe etwa in der Debatte um das internationale Atomabkommen mit Iran gezeigt, dass sie fähig zu Kompromissen sei.
Beratungen über 5G und Huawei
Schon vor den Gesprächen hatte Maas gesagt, dass man im Kreis der wichtigsten westlichen Industrieländer auch über eine chinesische Beteiligung am 5G-Mobilfunknetz beraten wolle. "Für uns als Außen- und Sicherheitspolitiker ist wichtig, dass dabei auch sicherheitsrelevante Fragen eine Rolle spielen." Die USA verdächtigen den chinesischen Netzwerkausrüster Huawei der Spionage und dringen deswegen auf einen Ausschluss des Konzerns beim Aufbau der 5G-Mobilfunknetze. China und Huawei weisen die Vorwürfe zurück.
Das erste physische Treffen der G7-Außenminister seit 2018 sei so etwas wie ein "Neustart" gewesen, sagte Maas. "Das ist ein guter Start, aber nicht mehr." Nun müsse man auch gemeinsam handeln. Die G7 sei dabei ein "Nukleus" für die Kooperation demokratischer Staaten. In den vergangenen vier Jahren habe es keine Möglichkeiten einer Zusammenarbeit in diesem Format gegeben, sagte der Außenminister mit Hinweis auf den früheren US-Präsidenten Donald Trump.
Chance für Boris
Für Großbritannien und Premierminister Boris Johnson ist die G7-Präsidentschaft im Jahr eins nach dem Brexit eine Chance, sich auf der Weltbühne als tatkräftige Nation zurückzumelden. Außenminister Dominic Raab hat seit dem EU-Austritt mehrmals scharfe Kritik an Menschenrechtsverstößen etwa in China oder Myanmar geäußert. Ohne die EU könne das Vereinigte Königreich flexibler und schneller reagieren, heißt es dazu in London.
Zu der Außenministerkonferenz hat Großbritannien auch Indien, Australien und Südkorea eingeladen. Die britische Präsidentschaft will die G7 so noch mehr zu einem zentralen Forum der großen Demokratien machen. Großbritannien plant auch das G7-Finanzministertreffen am 4. und 5. Juni als physische Begegnung. Bei dem jetzigen Ministertreffen in London soll der G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Cornwall vom 11. bis 13. Juni vorbereitet werden. Es soll das erste große Gipfeltreffen mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden werden.
kle/qu (rtr, dpa, afp)