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Megacities

6. April 2011

Der Sog in die Städte ist ungebrochen. Mit ihm wachsen aber auch die Probleme: Wohin mit dem Müll? Woher kommt die Energie? Wie kann der Verkehr aussehen? Unternehmen zeigen Lösungen auf der Hannover Messe.

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Blick vom Torre Latino Americano über Zocalo in Mexiko Stadt in Mexiko. Undatiertes Foto.
Megacities: Woher die Energie, wohin mit dem Müll?Bild: picture-alliance/dpa

Auf der ganzen Welt zieht es die Menschen in die Städte. Zurzeit lebt etwa die Hälfte der Bevölkerung in großen Ballungsräumen - Tendenz steigend. Schon heute werden in solchen großen Megacities zwei Drittel der Energie verbraucht, werden Unmengen an Abwasser und Müll erzeugt. "Die rasante Entwicklung bringt Probleme mit sich, da die historisch gewachsenen Infrastrukturen mit dem Wachstum der Städte oft nicht Schritt halten können," sagt Thomas Lindner, Präsident des Verbandes der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer. "Endlose Staus, marode Wasserleitungen und ein enormer Flächenverbrauch stellen die Megacities vor große Herausforderungen." Und auch die Wirtschaft ist gefordert. Daher gibt es in diesem Jahr erstmals auf der Hannover Messe eine Halle, in der 30 Unternehmen ihre Lösungen und Produkte für die Städte der Zukunft zeigen.

Ballungsräume – ein vielversprechendes Geschäftsfeld

Nach Expertenschätzungen müssen rund 30 Billionen Euro bis 2030 allein in den Bau und die Erneuerung städtischer Infrastruktur investiert werden, so Lindner. Kein Wunder, das inzwischen viele Unternehmen solche Ballungsräume als neues Geschäftsfeld entdeckt haben. Erst kurz vor der Messe hat das Dax-Schwergewicht Siemens den Umbau der Konzernstruktur angekündigt: Ab Oktober soll es einen neuen Sektor geben, der sich mit Infrastruktur in Städten beschäftigt.

Eine Membran von Siemens, mit der Wasser zu Trinkwasser aufbereitet werden kann. Foto: DW/Insa Wrede, 05.04.2011
Eine Membran von Siemens, mit der Wasser zu Trinkwasser aufbereitet werden kannBild: DW

Bereits jetzt aber ist Siemens mit verschiedenen Lösungen in Hannover präsent. Beispielsweise werden Technologien zur Reinigung von Abwässern gezeigt. "Wir haben innovative Technologien, um Trinkwasser aus sehr hoch belasteten Rohwasserbereichen aufzubereiten," sagt Olaf Jansen, zuständig für das Wassergeschäft in Europa. Davon können Metropolen wie Karatschi profitieren, die hoch kontaminierte Lagunen haben.

Technologien für die jeweilige Situation

Jansen betont, dass Siemens in der Lage ist, Komplettlösungen anzubieten, die auf die jeweilige Situation der Stadt zugeschnitten sind. Beispiel Istanbul: Die Rohre der türkischen Metropole sind so defekt, dass mehr als ein Drittel des kostbaren Wassers versickert. Hier kann Siemens nicht nur Technologie zur Trinkwasseraufbereitung liefern, sondern auch noch das Ausmaß der Verluste berechnen und mit Hilfe von Sensoren die Lecks in den Rohren ermitteln.

Blick auf eine Abwasser- Reinigungsanlage (Foto: Siemens AG)
Eine Mammutaufgabe: Abwässer kären und reinigenBild: Siemens AG

Und auch das Abwasser lässt sich wieder reinigen – bei Bedarf bis zur Trinkwasserqualität, was aber gar nicht immer nötig ist. "In Peking haben wir für die Olympischen Spiele so eine Anlage gebaut, die nachgeschaltet war zu einer Kläranlage und mit diesem gereinigten Wasser wurden die gesamten olympischen Stätten versorgt," erzählt Jansen. "Jetzt haben wir die gleiche Anlage wieder verkauft – nach gleichem Prinzip in London". Auch dort sollen aus dem gereinigten Abwasser sämtliche olympische Stätten bewässert werden, so Jansen. "Das ist ein sinnvollerer Einsatz als alles ins Meer zu leiten und aus dem Meer wieder Wasser zu nehmen, das man entsalzen muss."

Auch der Klärschlamm, der bei der Reinigung von Abwasser übrig bleibt, lässt sich wieder verwenden. Durch Faulung entsteht Biogas, aus dem wiederum Strom gewonnen werden kann. Mit dem heißen Abgas der Turbinen lässt sich der Klärschlamm außerdem trocknen, wodurch ein Material entsteht, das vom Brennwert vergleichbar mit Braunkohle ist. Nur energieautark ist die Abwasserbehandlung noch nicht - daran wird aber bei Siemens gearbeitet.

Mehr Energieeffizienz

Um den Energiebedarf in den Griff zu bekommen, reicht es nicht, neue Quellen wie das Abwasser zu erschließen. Durch mehr Effizienz lässt sich häufig viel Energie einsparen - ohne Einbußen an Lebensqualität. Beispiele dafür zeigt die Firma Imtech auf der Hannover Messe - unter anderem Technologien, durch die Gebäude mit weniger Energie auskommen.

"Wir sind gerade dabei, in Polen die drei Stadien für die Europameisterschaft fertig zu stellen", sagt Peter Kronenberg, der zur Geschäftsführung von Imtech gehört. "Dort haben wir die komplette Technik so optimiert, dass diese Stadien möglichst wenig Energie benötigen." Genauer gesagt: 35 Prozent weniger Energie im Vergleich zu konventionellen Stadien.

Innovative Verkehrskonzepte

Neben der Energieversorgung ist auch die Organisation des Verkehrs in Ballungszentren eine Mammutaufgabe. Allein durch Peking wälzen sich täglich über drei Millionen Autos, und die Stadt versinkt im Smog. Um der steigenden Mobilität Herr zu werden, setzen weltweit Regierungen ihre Hoffnung auf Elektrofahrzeuge in Verbindung mit Strom aus Erneuerbaren Energien.

Ein Fahrer des Paketdienstes DHL (Foto: dapd)
DHL trannsportiert nicht nur, sondern reduziert auch VerkehreBild: AP

Außerdem muss der Verkehrsfluss reduziert und besser gelenkt werden. Wie das aussehen kann, zeigen verschiedene Pilotprojekte des Logistikanbieters DHL. Ihr Sinn: Es sollen nicht mehr viele einzelne Unternehmen selber ihre Waren in oft nur teilweise beladenen Lastwagen herumfahren. "Wir setzen auf das Milchkannensystem: Wir fahren mit LKWs die einzelnen Lieferanten, die einzelnen Hersteller an und bündeln diese Touren in Sammelzentren, die in der Stadt sind," erklärt Mirja Deiters vom DHL Innovation Center. Dort würden dann die Waren neu auf LKWs verladen, wodurch der Verkehr ins Stadtzentrum reduziert würde. "Ziel ist es, LKWs voll in die Stadt zu fahren und voll wieder raus zu fahren."

In Mexiko war der Bedarf an solcher neuer Organisation des Transportes groß, so der Leiter des dortigen Projektes Erwin Gallardo. "Der ganze Frachtverkehr war nicht optimiert. Mehr als ein Drittel aller Staus wurde von Frachtverkehr verursacht." Und nahezu die Hälfte der Wagen sei nur zu 15 Prozent beladen gewesen. "Wir haben in Mexiko erreicht, dass ungefähr 40.000 LKWs weniger im Stadtverkehr fahren - und das in einem Jahr und nur in einem kleinen Distrikt." Dadurch, dass DHL gleichartige Lieferungen, zum Beispiel für Gastronomie, Krankenhäuser oder Hotels zusammengefasst hat, wurde der Verkehr effizienter gesteuert, wurde entlastet und es wurde weniger Energie verbraucht.

Autor: Insa Wrede, z.Zt. Hannover
Redaktion: Rolf Wenkel