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Machtlos gegen den Terrorismus

25. Juli 2005

Die jüngsten Terror-Anschläge in London und Scharm el Scheich zeigen, dass man gegenüber Terrorismus ähnlich machtlos ist wie gegenüber Naturgewalten, meint Peter Philipp in seinem Kommentar.

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Peter Philipp
Peter Philipp

Nur soviel scheint sicher: Die Anschläge von London und Scharm el Scheich haben direkt nichts miteinander zu tun. Oder doch nur wenig, denn es lässt sich natürlich eine Parallele erkennen – Großbritannien und Ägypten sind beide enge Verbündete der Vereinigten Staaten und Tony Blair wie Hosni Mubarak werden von "El Kaida" als Erfüllungsgehilfen von George W. Bush dargestellt. Und es ist die empfundene Diskriminierung, die dazu führt, mit Gewalt und Terror gegen den Staat vorzugehen. Nicht gegen dessen offizielle Vertreter - dazu sind die Täter zu schwach oder zu feige - sondern gegen Unschuldige: U-Bahn-Passagiere in London, Hotel-Angestellte und Souvenir-Verkäufer in Ägypten. Zufällig und blind ausgesuchte Opfer, die möglicherweise zur selben Bevölkerungsgruppe gehören wie die Täter. Terroristen ist solches gleichgültig: Unschuldige Opfer sind die "Kollateralschäden" ihres Kampfes gegen finstere Macht der USA und ihrer Verbündeten. Um den zynischen Ausdruck zu verwenden, den die USA selbst in ihrem Kampf gegen den Terrorismus eingeführt haben.

Britischer Freibrief

Ein solcher "Kollateralschaden" auf britischer Seite ist nun der junge Brasilianer geworden, der von Zivilfahndern der britischen Polizei mit fünf Kopfschüssen förmlich hingerichtet wurde. Warum? Weil er aus dem falschen Haus kam, im Sommer einen Mantel trug, südländisch oder "orientalisch" aussah und dann vor den Beamten floh. Die Erklärung Scotland Yards, man bedaure den tragischen Irrtum, klingt schal, weil hinzugefügt wird, die gezielte Tötung bleibe in besonderen Fällen zulässig.

"Gezielte Tötung" könnte auch "Mord auf offener Straße" sein. Als solcher wird die Liquidierung radikaler Palästinenser durch Israel weltweit verurteilt. Und war vor Jahren auch die Erschießung von IRA-Radikalen durch britische Agenten in Gibraltar kritisiert worden. Ihrer Majestät Agenten haben dennoch weiterhin "Carte Blanche" – erst zu schießen und dann zu fragen.

Zwielicht

Damit gerät Großbritannien – bisher immerhin anerkannte Demokratie – in gefährliche Nähe zu anerkannt undemokratischen Ländern und Regimen im Nahen Osten. Wie zum Beispiel Ägypten. Das den USA als willfähriger Helfer bei Verhören unliebsamer Verdächtiger im Kampf gegen den Terrorismus dient. Washington hat zwar das Gefangenenlager von Guantánamo, aber in Ägypten kann noch unbekümmerter gefoltert werden.

Immerhin aber: Die ägyptischen Behörden haben bisher keinen Verdächtigen umgebracht, sie haben nur Dutzende von möglichen Zeugen verhaftet, um den Tätern auf die Spur zu kommen. Tätern, die bewusst darauf abzielten, das Regime Hosni Mubaraks an seiner empfindlichsten Stelle zu treffen: Dem einträglichen Devisenbringer Tourismus. Wie schon nach größeren Anschlägen in der Vergangenheit wird die Bereitschaft von Urlaubern zurückgehen, ihre Ferien gerade im Land der Pharaonen zu verbringen.

Verständlich zwar, aber doch auch ein tragischer Fehlschluss: Das Meiden eines bestimmten Landes kann nicht vor Terror schützen. Und: Käme jetzt jemand auf die Idee, seinen England-Urlaub zu streichen? Im Fall Ägyptens würden in erster Linie wieder die Armen getroffen - deren Angehörige jetzt unter den Opfern sind und die künftig vor leeren Hotels sitzen und nichts zu essen haben. Derselbe Effekt wie im Tsunami-Gebiet letztes Jahr. Es mag reichlich makaber klingen, aber gegen den Terrorismus ist man ähnlich machtlos wie gegen das Seebeben. Das Beben selbst und seine tödliche Welle kann man nicht verhindern, man kann ihre Wirkung aber durch ausreichende Vorkehrungsmaßnahmen reduzieren.