Machtspiele vor der Buchmesse
10. September 2009Die Leitung der Frankfurter Buchmesse hat die beiden Teilnehmer, die in ihrem Land als Dissidenten gelten, offiziell wieder ausgeladen, weil sie Druck von ihrem chinesischen Kooperationspartner bekamen. Projektleiter Peter Ripken sieht sich jetzt mit einem Zensurvorwurf konfrontiert und sagt "wir müssen diesen Vorwurf aushalten." Die chinesische Seite habe unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie die Zusammenarbeit beenden würden, wenn die beiden Autoren teilnehmen würden.
Dem Druck nachgegeben
Die Ausladung der chinesischen Umweltjournalistin Dai Qing und des Exil-Schriftstellers Bei Ling wirft im Vorfeld einen politischen Schatten auf die Frankfurter Buchmesse und auf das diejährige Ehrengast-Land. Die Literatur Chinas soll erst ab 14. Oktober in Hallen und auf Podien vorgestellt und diskutiert werden, das Verhältnis der Machthaber zu westlichen Werten ist jetzt schon Thema. Der Koordinator des Symposiums, Peter Ripken, sagte, man habe sich dem chinesischen Druck gebeugt, weil eine Abwägung zu dem Ergebnis geführt habe, "dass es wichtig ist, mit den offiziellen Chinesen zu diskutieren und nicht über sie."
Das sei die Konzeption der Veranstaltung am Wochenende mit dem Thema "China und die Welt. Wahrnehmung und Wirklichkeit". Es sollten dort eben nicht nur Dissidenten sprechen, sondern auch Chinesen, die "mit Ämtern versehen" seien. Mit Dissidenten könne man überall und jederzeit diskutieren. "Aber diese Diskussion mit höheren Funktionären, mit Wissenschaftlern kann man nur führen, wenn man Kompromisse macht."
PEN leistet Widerstand
Der "Kompromiss" der Buchmessenleitung ist inzwischen aber von der Wirklichkeit überholt worden: Das deutsche PEN-Zentrum hat Dai Qing nämlich eine eigene Einladung geschickt, damit die deutsche Botschaft in Peking ihr ein Visum ausstellen kann. Das bedeutet zwar noch lange nicht, dass die Autorin wirklich ausreisen darf. Aber PEN, die Schriftstellervereinigung, die sich weltweit für Meinungsfreiheit einsetzt, widerspricht damit aktiv der offiziellen Haltung der Buchmessenorganisatoren.
Währenddessen bemühte sich der Direktor der Frankfurter Buchmesse, Jürgen Boos, die Ereignisse um die beiden Dissidenten herunterzuspielen. Er sagte, dass es sich um "keine große Affäre" handele und dass man "keinerlei Deals" mit China gemacht habe. Auch habe man keine Angst, dass China die Zusammenarbeit für das Symposium oder gar die Buchmesse kündigen werde. "Wir haben mehrere Jahre über diesen Auftritt verhandelt und einen Vertrag geschlossen", sagte er in Frankfurt. "Wir freuen uns sehr darüber, dass China sich auf einem bestimmten Weg befindet, der eine gewisse Öffnung zulässt. Und wir wollen diesen Weg unterstützen." Der Wille, sich zu öffnen sei bei den Chinesen da, aber es gehe vielleicht nicht so schnell, wie man sich das wünsche.
Autor: Alf Haubitz/ Marlis Schaum
Redaktion: Gabriela Schaaf