Mangroven - ökologische Multitalente
14. April 2010Der Lebensraum
Mangroven sind eine Gruppe von Pflanzen, die sich an die extremen Lebensbedingungen von Küsten und Flussmündungen angepasst haben. Das Biotop braucht ähnlich wie das Wattenmeer das Wechselspiel von trockenen und nassen Perioden. Ohne regelmäßiges Fluten sterben die Mangroven ab. Zu den Mangrovengewächsen zählen etwa 60 Bäumer und Sträucher, darunter sowohl bis zu 60 Meter hohe Baumarten als auch nur kniehohes Gestrüpp.
Mangrovenwälder bieten ähnlich vielen Tieren Lebensraum wie der Regenwald. Auf den Wurzeln siedeln Seepocken, Austern, Schwämme und Schnecken. Insekten, Säugetiere und Vögel, vor allem aber viele Krebsarten und hunderte von verschiedenen Fischen haben sich an das Leben im Zwischenbereich von Meer und Land angepasst. Die Bedeutung der Mangroven als Laichplatz auch für Hochseefische wurde lange übersehen, wird aber nun erforscht.
Mangroven wachsen in den warmen Regionen zwischen den beiden Wendekreisen – aber auch in Japan, Florida, den Bermudas, in Australien und Neuseeland. Bekannt sind die zusammenhängenden Mangrovenwälder der "Sunderbans" im Ganges-Delta zwischen Indien und Bangladesch.
Kohlendioxidsenken
Mangroven gelten neben Regenwäldern und Riffen als die produktivsten Biotope überhaupt. Um Muscheln, Schnecken, Mücken, Blätter und Äste zu "produzieren", benötigen sie Kohlendioxid, das aus der Luft gefiltert wird. Anderthalb bis drei Tonnen Kohlendioxid kann ein Hektar Mangrovenwald im Jahr aus der Atmosphäre ziehen. Besonders wertvoll für das Klima: Ein Großteil des kohlenstoffhaltigen Abfalls beispielsweise aus abgestorbenen Blättern wird von der Flut über größere Entfernungen ins tiefe Meer transportiert, wo es sich am Boden absetzt. Dieser Kohlenstoff ist damit für mehrere hundert Jahre klimatechnisch nicht mehr von Bedeutung.
Der natürliche Wellenbrecher
Mit ihrem dichten Wurzelgeflecht schützen Mangroven die Küste vor Erosion und Überschwemmung. In Zeiten steigender Meeresspiegel können intakte Mangroven für viele Küstenregionen die Rettung bedeuten – zumal eine australische Studie unlängst gezeigt hat, dass die Wälder bei langsam steigendem Meeresspiegel sogar mitwachsen können.
Einen eindrücklichen Beweis für die Schutzfunktion von Mangroven erbrachte der Tsunami von 2004: Wo die Mangroven intakt waren, blieben die Zerstörungen weitaus geringer, als dort, wo sie abgeholzt wurden. Aber das ist leider fast überall.
Die Bedrohung
"Mangroven können als die bedrohtesten Wälder der Welt gelten", sagt der Ökologe Michael Succow, Träger des alternativen Nobelpreises. Weltweit verschwinden die Küstenwälder zweimal schneller als der tropische Regenwald. Noch vor 20 Jahren gab es geschätzte 30 Millionen Hektar Mangrovenwald. Heute existiert weltweit nur noch die Hälfte. Jede sechste Mangrovenart steht inzwischen auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Spezies. Auf den Philippinen etwa wurden über 70 Prozent des Bestandes vernichtet. Die meisten Mangroven verschwanden durch Trockenlegung im Zuge von Stadtentwicklungen, Holzeinschlag oder Plantagenbau. Riesige Flächen fielen auch noch in den letzten Jahren der (konventionellen) Garnelenzucht zum Opfer.
Die Hoffnung
Die gute Nachricht: Mangroven können relativ schnell wieder aufgeforstet werden, wie zahlreiche UNO-Projekte in Vietnam, Thailand oder Indonesien zeigen. Auch die EU beteiligt sich an Aufforstungsprojekten in Asien. Problematisch ist die Wiederaufforstung von ehemaligen Shrimps-Farmen: Der Boden ist dort dermaßen mit Chemikalien versetzt, dass Mangroven dort über Jahrzehnte hinweg nicht mehr wachsen.