Die coolste Königin Europas
10. November 2021Regieren will sie, bis sie aus den Pantoffeln kippt: Das hat die gut gelaunte Monarchin anlässlich ihres 75. Geburtstages vor sechs Jahren gesagt - und man nimmt es ihr auch jetzt, mit 81 Jahren, noch ab. Stets erscheint sie fröhlich lächelnd auf Veranstaltungen, rauscht - wenn auch nicht mehr so dynamisch wie früher - in farbenfroher Kleidung von Termin zu Termin - und offenbar hat sie auch ihr Laster noch nicht aufgegeben: das Rauchen.
An diesem Mittwoch (10.11.2021) ist Margrethe von Dänemark in Deutschland eingetroffen, wo sie auch sehr beliebt ist. Sie und Kronprinz Frederik werden vom 10. bis 13. November 2021 mit einer großen dänischen Delegation die Hauptstadt Berlin und die bayerische Metropole München besuchen. Die Königin wurde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf Schloss Bellevue empfangen. Mit ihm hatte sie bereits im Juni dieses Jahres bei den Feierlichkeiten zur gemeinsamen Grenzziehung (1920) großen Spaß.
Eine von uns
Margrethe schert sich nicht viel um Konventionen. Etikette ist ein "Kann", kein "Muss". Sie gibt sich nicht nur volksnah, sie ist es auch. Sie redet, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Sie kann auch ganz schön deftig lachen. Ihr Zigarettenkonsum brachte ihr den Spitznamen "Vulkankönigin" ein. Sie rauchte früher beim Dinner, im Konzertsaal, einmal sogar im Seniorenheim auf einer Asthma-Station. Zuviel wurde es den Dänen erst, als sie im Beisein ihrer Enkelkinder fröhlich qualmte - solche Zeiten sind einfach vorbei. Inzwischen raucht die Königin nicht mehr in der Öffentlichkeit.
Ganz der Paradiesvogel, hüllt sich Margrethe gern in ausladende Roben, knallbunte Kostüme und hat natürlich auch eine umfangreiche Hutsammlung.
Mit einigen ihrer farbenfrohen Eigenkreationen zeigt sie sich nicht nur bei privaten Treffen - kunterbunt erscheint sie auch bei Staatsempfängen. So hat sie etwa aus einer Wachstischdecke eine riesige, geblümte Regenjacke geschneidert, die sie dann auch zu allen möglichen Anlässen trägt.
Ihr Sinn fürs Schöne hat sie schon immer geprägt; als junges Mädchen interessiert sie sich für Malerei und Archäologie. Als Prinzessin ist Margrethe nicht für den Thron vorgesehen; vor ihr hat zum letzten Mal vor 600 Jahren in Dänemark eine Frau regiert. In Ermangelung männlicher Nachkommen jedoch muss Margrethes Vater, König Frederik IX., das Gesetz zur Thronfolge ändern. Als Margrethe 13 ist, steht fest: Sie wird die nächste Königin.
Schluss also mit den "Flausen"; das musisch interessierte Mädchen wird auf die besten Universitäten Europas geschickt, darunter nach Cambridge und an die Pariser Sorbonne, um dort die "harten" Fächer zu studieren: Volkswirtschaftslehre, Geschichte und Jura.
Margrethe jedoch hat schon als junge Frau einen eigenständigen Kopf. Und belegt weitere Fächer: Kunst, Literatur, Ballettanz und Philosophie. Sie schafft auch einen Abschluss in altertümlicher Archäologie, außerdem lernt sie noch fünf Sprachen, darunter Französisch und Deutsch.
Royale Künstlerin mit Lampenfieber
Mit 31 Jahren tritt sie die Thronfolge an. Die Dänen - zunächst etwas skeptisch - gewöhnen sich schnell an die junge, fröhliche Königin. Auch als Staatsoberhaupt bleibt sich Margrethe treu. Sie malt Landschaften, Aquarelle, entwirft Bühnenbilder.
Unter dem Pseudonym Ingahild Grathmer illustriert sie Bücher - darunter die dänische Ausgabe von J. R. R. Tolkiens "Herr der Ringe" - und sie gestaltet Briefmarken. Sie macht sich als Designerin für Kirchengewänder, Kostüme und Bühnenbilder einen Namen. Sie ist Ehrenmitglied im dänischen Verband der Bühnenbildner. Ihr jüngstes Projekt ist die Ausstattung einer Netflix-Produktion: Regisseur Bille August verfilmt den Roman "Ehrengard" von Karen Blixen - Filmstart ist 2023.
Margrethes künstlerische Arbeiten werden in Museen im In- und Ausland gezeigt. Ihre Landschaftsbilder sind zart und minimalistisch, auf der anderen Seite schafft sie opulente Collagen und abstrakte Gemälde. Die größte Werkschau der königlichen Kunst zeigte 2012 das renommierte Museum Arken bei Kopenhagen, mit 130 Aquarellen und Acrylbildern. Eine große Ehre für eine Hobbykünstlerin. Als Margrethe die Ausstellung eröffnete, hatte sie nach eigenen Worten Lampenfieber. Dieses Kribbeln im Bauch spüre sie immer dann, wenn sie sich nicht als Staatsoberhaupt, sondern als Künstlerin präsentiere. Ihren Kritikern begegnet sie selbstbewusst - schließlich sei sie hauptberuflich immer noch Königin. Als Malerin sieht sie sich als Frau, die ihre Seele durch Farbe sprechen lässt.
Royale Familie ohne Skandale
Mit ihrem Gatten, dem gebürtigen Franzosen Henri de Laborde de Monpezat und späteren Prinzen Henrik von Dänemark, war die schillernde Königin mehr als fünf Jahrzehnte lang verheiratet. Die Ehe war nicht durchweg glücklich - ein Prinzgemahl steht eben immer hinter seiner Frau, was nicht nur Henrik, sondern auch dem Ehemann der britischen Königin Elizabeth, Prinz Philipp, lange Jahre zu schaffen machte. Im Februar 2018 ist Prinz Henrik im Alter von 83 Jahren gestorben. Mit ihm zusammen hatte Margrethe viel Zeit auf seinem Weingut in der Provence verbracht, wo sie Bücher ins Dänische übersetzte, darunter Werke von Simone de Beauvoir.
Die gemeinsamen Söhne, Kronprinz Frederik und sein Bruder Joachim, sind wohlerzogene und gebildete Männer, Frederik ist seit 2004 mit der Australierin Mary verheiratet. Das Traumpaar hat vier entzückende Kinder, ganz Dänemark liebt die Familie - und Oma Margrethe findet, dass Mary das Beste ist, was ihrem Erstgeborenen passieren konnte. Auch Prinz Joachim ist beim dänischen Volk beliebt. Er ist zum zweiten Mal verheiratet; nachdem die erste Ehe mit Alexandra Manley nach zehn Jahren skandalfrei auseinander ging, heiratete Joachim die Französin Marie Cavallier. Aus beiden Ehen sind vier Kinder hervorgegangen. Doch auch die Patchworkfamilie ihres Zweitgeborenen ist für eine Frau wie Margrethe nichts Verwerfliches.
Margrethe II. bleibt auch im Alter eine imposante Erscheinung, die hochgewachsene Königin ist einfach erfrischend - eine große Diva mit sympathischen Starallüren, die coolste Königin Europas.