Massenproteste gegen Rousseff in Brasilien
13. März 2016Hunderttausende Menschen haben in ganz Brasilien für die Absetzung der politisch angeschlagenen Staatschefin Dilma Rousseff demonstriert. "Dilma raus", riefen die Regierungsgegner, die in der Hauptstadt Brasília und in zahlreichen anderen Städten des Landes protestierten. Allein in São Paulo, einer Hochburg der Opposition, gingen nach Polizeiangaben 1,4 Millionen Menschen auf die Straße. Hintergrund der Rücktrittsforderungen an die Adresse der Mitte-Links-Regierung ist ein Korruptionsskandal und die anhaltende Wirtschaftskrise.
Allein in Brasília versammelten sich nach Polizeiangaben 100.000 Demonstranten vor dem Abgeordnetenhaus. In Rio de Janeiro gingen laut Organisationen bis zu 200.000 Menschen auf die Straße. Dort führte der Protestzug über den berühmten Strand Copacabana. Buhrufe wurden laut, als ein Kleinflugzeug mit einer Banderole über die Menge hinwegflog, auf der zu lesen stand, dass es "keinen Staatsstreich" geben werde.
Opposition zieht die Daumenschrauben an
Erstmals seit Beginn der Proteste gegen Rousseff beteiligten sich auch die Oppositionsparteien aktiv. Die rechte Opposition hofft, durch die Massenproteste den Druck auf die Abgeordneten zu erhöhen, damit diese für eine Amtsenthebung der Präsidentin stimmen. Die Konservativen hatten Ende vergangenen Jahres das entsprechende Verfahren eingeleitet.
Nun droht Rousseff auch noch der Verlust ihres wichtigsten Koalitionspartners. Auf einem Parteitag der Zentrumspartei PMDB stimmte die Mehrheit der Delegierten für einen Austritt aus der Regierung. Eine endgültige Entscheidung soll allerdings erst in 30 Tagen fallen. Sollte die PMDB ihre Drohung wahrmachen, könnten die Präsidentin und ihre linke Arbeiterpartei im Kongress kaum noch etwas durchsetzen.
Rousseff hatte am Freitag Rücktrittsforderungen eine deutliche Absage erteilt und alle Vorwürfe als vollkommen unbegründet zurückgewiesen. Ihren Gegnern warf sie vor, eine politische Krise verursacht und so der Wirtschaftsentwicklung geschadet zu haben. Regulär läuft ihr Mandat bis Ende 2018. Die Zustimmungswerte der linksgerichteten Staatschefin liegen mittlerweile nur noch bei knapp zehn Prozent, für ihre Amtsenthebung sind laut Umfragen rund 60 Prozent der Brasilianer.
Die Ermittlungen in der Korruptionsaffäre um den halbstaatlichen Erdölkonzern Petrobras haben inzwischen die Spitze der regierenden Arbeiterpartei PT erreicht und auch den einst populären Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva in Mitleidenschaft gezogen.
Anfang März wurde Lulas Haus durchsucht und er selbst verhört. Vergangene Woche beantragte die Staatsanwaltschaft von São Paulo Untersuchungshaft gegen den früheren Staatschef, da er den Besitz eines Luxusapartments verschwiegen haben soll. Die PT kritisierte das Vorgehen der Ermittler als parteilich und als "mediale Inszenierung", mit der Stimmung für den Sturz der Präsidentin gemacht werde.
Geschönte Haushalte?
Die konservative Opposition wirft Rousseff und ihrer PT vor, 2014 den Wahlkampf unerlaubterweise mit Spenden von Zulieferern des Energiekonzerns Petrobras finanziert und den Haushalt geschönt zu haben. Ein Gericht hatte den Etat im vergangenen Oktober wegen zahlreicher Unregelmäßigkeiten für illegal erklärt. Ein Amtsenthebungsverfahren gegen die brasilianische Präsidentin war allerdings vom Obersten Gerichtshof vorläufig gestoppt worden.
jj/sti (afp, epd)