Massenvergewaltigung als Strafe
23. Januar 2014Eine junge Inderin soll auf Befehl des Dorfvorstehers von etwa einem Dutzend Männer vergewaltigt worden sein. Die Tat sei eine Strafe gewesen, weil die 20-Jährige eine Beziehung zu einem Mann außerhalb des eigenen Stammes in Westbengalen hatte, sagte Polizeisprecher Prasanta Chowdhury. Die Polizei habe 13 Männer festgenommen, darunter den Stammesältesten. Die junge Frau verlor nach Angaben lokaler Medien viel Blut und wurde in ein Krankenhaus gebracht.
Zunächst umgerechnet 300 Euro Geldstrafe
Der Dorfvorsteher rief nach Polizeiangaben am Montag einen Rat aus Gemeindemitgliedern auf dem Dorfplatz zusammen, nachdem die junge Frau mit ihrem muslimischen Freund gesehen worden sei. "Das Mädchen und ihr Liebhaber wurden an zwei Bäume gebunden und der Rat entschied, dass die beiden wegen ihrer Affäre jeweils 25.000 Rupien (etwa 300 Euro) Strafe zahlen müssen", sagte Chowdhury weiter.
Als die Eltern der Frau erklärten, sie hätten das Geld nicht, und der junge Mann um mehr Zeit bat, habe der Dorfvorsteher die Vergewaltigung angeordnet. Daraufhin sollen Mitglieder der Dorfgemeinschaft die Frau in eine Hütte geschleift haben und über sie hergefallen sein. "Auf seine Anweisung hin haben mich zehn bis zwölf Männer am laufenden Band vergewaltigt, darunter mehrere aus einer Familie. Ich konnte nicht zählen, wie oft", sagte die junge Frau dem Nachrichtensender NDTV. Mitglieder der Dorfgemeinschaft bestritten demnach, dass die Tat geschehen sei.
Jahrhundertealte Einrichtungen
Stammes- und Kastenräte gibt es in Indien seit Jahrhunderten und haben vor allem im Norden des Subkontinents einen starken Einfluss auf das gesellschaftliche Leben. Regelmäßig verhängen sie für bestimmte moralische Verfehlungen harte Strafen. Die Anführer solcher Gemeinschaften genehmigen auch Morde an jungen Pärchen, die außerhalb ihrer Kaste oder ihrer Religion heiraten oder gegen andere soziale Normen verstoßen.
Brutale Attacken gegen Frauen stehen in Indien im Fokus der Öffentlichkeit, seit vor einem Jahr eine Studentin in einem Bus in der Hauptstadt Neu Delhi so schwer misshandelt wurde, dass sie wenig später an ihren Verletzungen starb. Auch Touristinnen sind immer wieder Ziel sexueller Übergriffe.
Amnesty verlangt Polizeischutz
Politiker des Bundeslandes Westbengalen versprachen, die jüngsten Vorfälle schnellstmöglich aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Nach den neuen Gesetzen können die Täter zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt werden. Die Frauenrechtlerin Annie Raja forderte, derartige - ungewählte - Dorfräte müssten verboten werden, da sie nicht verfassungsgemäß seien.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verlangte Polizeischutz für die junge Frau und ihre Familie. Erst vor wenigen Wochen war im gleichen Bundesstaat eine Jugendliche mehrfach vergewaltigt worden. Freunde der mutmaßlichen Täter sollen das Opfer wochenlang belästigt und bedroht haben, damit es die Anzeige zurückzieht. Die Familie zog weg - doch Bekannte der Täter fanden die Jugendliche, übergossen sie mit Benzin und zündeten sie an. Das Mädchen starb.
sti/SC (afp, dpa)