Maulkorb für Stars
23. März 2003"The show must go on", sagt Oscar-Produzent Gil Cates ein ums andere Mal in diesen Tagen und das heißt: Die Oscar-Verleihung wird in diesem Jahr trotz Krieg stattfinden. Ausgefallen ist der glamouröse Festakt, in dessen Vorfeld Schönheitschirurgen in Hollywood so viel verdienen wie das ganze Jahr sonst nicht, ohnehin noch nie. Schließlich wäre ein Totalausfall der wichtigsten Nacht der US-amerikanischen Filmindustrie auch ein teures Vergnügen. Allein die Fernsehübertragung der Preisverleihung bringt den Veranstaltern jährlich rund 30 Millionen US-Dollar ein.
Gekürzter Teppich
Da es viele Stars für unangebracht halten, sich in Kriegszeiten mit viel Glitter und Pomp in aufwändigen Kleidern den Fotografen aus aller Welt zu präsentieren, wurde der rote Teppich vor dem berühmten "Kodak-Theatre" gekürzt. War er ursprünglich mehrere hundert Meter lang, beschränkt man sich dieses Jahr auf wenige Schritte auf dem übriggebliebenen Teppichstück, um dann schnell im Theater zu verschwinden. Zu denen, die sich schon im Vorfeld der Oscar-Verleihung unwohl fühlen, gehören unter anderem Nicole Kidman und Daniel Day-Lewis. Beide wurden für einen Oscar nominiert.
Unsicherheitsfaktor Dankesrede
Doch nicht das mulmige Gefühl und die Möglichkeit, dass die Garderobe der Stars in diesem Jahr bedeckter und vor allem schwarz ausfallen könnte, ist es, was den Veranstaltern der Feierlichkeit Magenschmerzen bereitet. Die Show ist bis ins letzte Detail durchgeplant – da kann kaum etwas Unvorhergesehenes passieren. Sie besitzt nur einen unberechenbaren Teil: die Dankesreden der Oscar-Gewinner. Genau 45 Sekunden Zeit haben diese für ihre Danksagungen – und es ist zu erwarten, dass einige das Forum nutzen werden, sich öffentlich gegen den Irak-Krieg auszusprechen. Den Mund verbieten kann Veranstaltungschef Cates niemandem, und doch hat er unmissverständlich klar gemacht, dass er es vorzöge, wenn die Stars auf politische Stellungnahmen verzichteten. Diese Äußerungen kritisierten politisch engagierte Schauspieler bereits als "Maulkorb".
Stars gegen den Krieg
Die Befürchtungen des Oscar-Produzenten kommen nicht von ungefähr. Schon seit einigen Monaten haben unzählige Prominente ihre Stimme gegen den Krieg erhoben. Die Anti-Kriegs-Aktion "Not in our name" wurde von bekannten Schauspielern wie Robert Altman, Susan Sarandon, Marisa Tomei und Oliver Stone unterzeichnet. Etwa 100 Stars unterschrieben im Herbst 2002 einen offenen Brief an das Weiße Haus, in dem die Arbeit der UN-Waffeninspektoren unterstützt und ein Alleingang der USA abgelehnt wurden. Zu den Unterzeichnenden gehörten Matt Damon, Kim Basinger, Ethan Hawke, Uma Thurman und Martin Sheen. Der einzige, der bislang seine Teilnahme an der Oscar-Verleihung abgesagt hat, ist der finnische Regisseur Aki Kaurismäki. Dessen Film "Der Mann ohne Vergangenheit" ist als bester ausländischer Film für einen Oscar nominiert.