May-Day in London
11. Juli 2016Bei den britischen Konservativen ist der Weg für Theresa May endgültig frei, den scheidenden Premierminister David Cameron zu beerben. Bereits an diesem Mittwoch zieht sie als britische Premierministerin in Downing Street 10 ein. Noch-Premier David Cameron will am selben Tag bei Königin Elizabeth II. seinen Rücktritt anbieten. Er hatte diesen Schritt ursprünglich für September angekündigt.
May sagte in einer kurzen Rede am Montagabend, sie werde als Premierministerin sicherstellen, dass Großbritannien die EU verlässt. Es werde keine Versuche geben, "durch die Hintertür" in der Union zu bleiben. "Brexit bedeutet Brexit", betonte sie. "Wir werden ein besseres Britannien bauen."
EU-Partner müssen sich gedulden
Zuvor hatte sie allerdings signalisiert, sich mit offiziellen Austrittsverhandlungen aus der EU Zeit lassen zu wollen. Sie werde den Antrag auf Austritt aus der EU nicht vor Jahresende stellen - sehr zum Ärger der EU-Staaten, die auf eine schnelle Lösung pochen.
May hatte während des Brexit-Wahlkampfs für den Verbleib in der EU plädiert. Sie trat mit ihrer Meinung aber nur sehr verhalten in Erscheinung - jetzt präsentiert sie sich als Versöhnerin, die die tief zerstrittenen Tories einigen könne.
Ein missglücktes Interview
Am Montagmittag hatte sich Mays einzige verbliebene Konkurrentin selbst aus dem Rennen um die Cameron-Nachfolge genommen. Energie-Staatssekretärin Andrea Leadsom stand seit dem Wochenende wegen eines Interviews massiv in der Kritik. Im Gespräch mit der "Times" hatte sie suggeriert, als Mutter eine bessere Regierungschefin zu sein als ihre kinderlose Konkurrentin.
In ihrer Verzichtserklärung sagte Leadsom, ein langer Wahlkampf vor einer Urwahl der Parteibasis sei jetzt nicht ratsam. May sei in der besten Position, "um den Brexit unter den bestmöglichen Bedingungen für das britische Volk umzusetzen". Sie sicherte der Innenministerin ihre volle Unterstützung zu.
Zerreißprobe bei Labour
Während die Konservativen ihren Machtkampf in kurzer Zeit beilegen konnten, zeichnet sich bei der oppositionellen Labour-Partei ein Showdown um die Führung ab. Die Abgeordnete Angela Eagle hat Parteichef Jeremy Corbyn offiziell herausgefordert. Damit steht eine Urwahl der Parteibasis bevor.
Eagle warf Corbyn, der einen Rücktritt bisher kategorisch ausschließt, mangelnde Führungsfähigkeiten vor. Sie wolle "die Partei wieder zusammenführen". "Ich bringe Menschen zusammen, ich treibe sie nicht auseinander", sagte sie mit Blick auf Corbyn. Die 55-jährige Eagle war zuletzt im Schattenkabinett der Oppositionspartei für Wirtschaft zuständig.
Corbyn, der als ausgesprochen Linker gilt, war im September mit breiter Mehrheit an die Parteispitze gewählt worden. Erst kürzlich hatten ihm die Labour-Abgeordneten aber das Misstrauen ausgesprochen.
rb/uh (afp, ap, dpa, rtr)