1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

McCain: "Putins Verhalten ist das Problem"

Gero Schließ11. Dezember 2013

John McCain ist ein mächtiges Mitglied des US-Senats. Im DW-Interview kritisiert er Russland im Hinblick auf die Ukraine und verspricht mehr Kontrolle der NSA. Das Atomabkommen mit dem Iran hält er für einen Fehler.

https://p.dw.com/p/1AX6C
US-Senator John McCain (Foto: EPA/STEPHEN MORRISON)
Bild: picture-alliance/dpa

DW: Blicken wir zunächst auf die Ukraine. Dort wollen viele Menschen eine europäische Zukunft und demonstrieren gegen die Entscheidung von Präsident Janukowitsch, das Assoziationsabkommen mit der Europäischen Union zurückzunehmen. Für wie gefährlich halten Sie diesen Konflikt?

McCain: Der Konflikt ist sehr gefährlich. Und wir werden das genau in den nächsten Tagen wissen. Die Ukraine ist ein enorm wichtiges Land. Putins Verhalten ist eine Anmaßung, die alle Nachbarn mitbekommen, ob es die Ukraine, Lettland, Litauen, Estland, Belarus, Moldawien oder andere Länder sind. Und es ist offensichtlich, dass die Menschen in der Ukraine mit Europa zusammengehen wollen, und nicht mit der vorgetäuschten Zollunion von Vladimir Putin. Und er setzt die ukrainische Regierung unter enormen Druck. Die Menschen werden das nicht akzeptieren. Die Regierung sollte sagen, dass sie auf die Europäische Union zugehen wird.

Sollten die Europäer und die USA mehr Druck auf die Regierung in Kiew ausüben?

Das einzige, was wir, die deutsche Regierung und die EU tun können, ist von der Regierung und ihrem Präsidenten dringende Zurückhaltung zu fordern. Wir können nicht viel machen, sonst riskieren wir eine Gegenreaktion. Aber es besteht kein Zweifel am Druck, den Putin ausübt. Das bringt mich zu einem größeren Problem: Und das ist Putins Verhalten. Ob es um Putins Unterdrückung der Russen geht, oder den Druck, unter den er die Nachbarländer setzt: Vladimir Putin ist ein aller KGB-Apparatschik. Er will erstens die Macht in Russland konsolidieren und zweitens seine Macht im Ausland ausdehnen. Er hat diesen Ehrgeiz. Wir müssen dass zur Kenntnis nehmen und entsprechend handeln. Das muß nicht unbedingt Konflikt mit Russland bedeuten. Aber das heißt, dass wir unsere freundschaftlichen Beziehungen zu den Baltischen Staaten, der Ukraine, und Moldavien verstärken. Und auch zu Georgien, das immer noch von Russland besetzt ist.

Denken Sie, dass Präsident Obama in dieser Frage richtig agiert hat?

Ich würde den Präsidenten der Vereinigten Staaten gerne standfester sehen in seiner Unterstützung für die Menschen in der Ukraine. Es ist mein Fazit, dass er nicht genug in ihrem Namen gesprochen hat. Aber ich hoffe, dass er das tun wird.

Kommen wir zu den Transatlantischen Beziehungen, Senator McCain. Sie haben einen Tiefpunkt erreicht wie seit dem Irankrieg nicht mehr. Wie ist Ihre Analyse?

US-Senator John McCain mit DW-Korrespondent Gero Schließ (Foto: I.P. Azais)
John McCain mit DW-Korrespondent Gero SchließBild: DW/ I.P. Azais

Die USA sollten ihr Bekenntnis zur Nato erneuern. Wir sollten Georgien in die Nato aufnehmen und sicherstellen, dass alle unserer Verbündeten verstehen, dass wir uns zu bestimmten Prinzipien bekennen. Und wir müssen führen. In Europa und in der Welt nehmen viele wahr, dass die Vereinigten Staaten nicht mehr führen. Und das hat das Verhalten einiger Länder beeinflußt, wie etwa China oder Saudi Arabien

Mit Blick auf die Überwachung durch die NSA: Sollte Präsident Obama ein vertrauensbildendes Zeichen setzen und sich öffentlich entschuldigen?

Präsident Obama sollte ganz sicherlich sein Bedauern äußern. Vor allem, wenn es um Kanzlerin Merkel geht. Ich verstehe nicht den Begründungszusammenhang für ein Abhören von Angela Merkels privatem Handy. Wer immer das entschied, hat nicht die Konsequenzen bedacht, wenn es aufgedeckt wird. Und deshalb ist auch die Kontrolle durch den Kongress fehlerhaft. Das schlimmste scheint mir, dass die Aufdeckung dieser Aktivitäten nicht von der amerikanischen Regierung kommt, sondern von Mr. Snowden in Russland. Und das macht es noch weit schädlicher, als es sowieso ist. Denn einige der von ihm aufgedeckten Aktivitäten sind akzeptabel, wenn sie gut erklärt werden. Doch wenn Snowden etwas aufdeckt, ist das gleich negativ.

Glauben Sie denn, dass die massenhafte Sammlung von Daten durch den sogenannten „Krieg gegen den Terror“ gerechtfertigt ist?

Ich glaube, dass die Sammlung von Daten, insbesondere von ausländischen Telefonanrufen, notwendig ist. Wir wissen, dass vor 9/11 internationale Anrufe von Terroristen gemacht wurden, die später das Verbrechen von 9/11 begingen. Wir sollten die Fähigkeit zum Abhören und Datensammeln vorhalten. Aber auf der anderen Seite sollte es Parameter geben, die uns den Weg weisen. Und noch einmal: Die amerikanischen Bürger müssen wissen, welche das sind.

Verstehen Sie die Empörung in Europa? Und was ist Ihre Botschaft an europäische und deutsche Bürger?

Ja ich verstehe das. Aber vieles ist zu rechtfertigen wegen der Bedrohungssituation. Bestimmte Sachen hätten wir aber nicht machen sollen, die unnötigerweise in die Privatsphäre vieler Menschen eingedrungen sind. Wir bedauern das. Wir werden nicht nur sicherstellen, dass es nicht mehr passiert. Sondern auch, dass alles, was wir machen, vom Kongress kontrolliert wird.

Eines der gegenwärtigen gemeinsamen Projekte ist die TTIP, der gemeinsame transatlantische Markt. Fürchten Sie, dass das Projekt durch den NSA-Skandal gefährdet ist?

Nein, weil ich glaube, dass Handel lebenswichtig ist. TTIP ist wichtig für die Weiterentwicklung der Wirtschaft in den USA und in Europa. Beiden geht es nicht sonderlich gut. Wir sollten das Surveillance-Thema sicherlich nicht vergessen. Aber wir sollten auch nicht übersehen, was im wohlverstandenen Interesse Europas und der Vereinigten Staaten ist.

Sie sind strikt gegen die Einigung mit dem Iran über das Atomprogramm. Sie nennen das Abkommen einen gefährlichen Schritt. Gehört der Iran für Sie immer noch zur Achse des Bösen?

Bedenken Sie, dass der Iran den Terror überall auf der Welt verbreitet. Sie planten einen Anschlag, um den saudiarabischen Botschafter in Washington zu töten. Aber wichtiger ist: Sie haben die Revolutionsgarden in den syrischen Bürgerkrieg geschickt. Und es sind 500 Kämpfer der Hizbollah dort. Sie verbreiten Terror in Ländern wie Jemen. Ja, sie sind böse.

Irans Präsident Hassan Rohani mit nimmt auf einem Podium Platz (Foto: IRNA Agency)
Der Iran unter Präsident Rohani (Mi.) - für McCain bleibt das Land Teil der Achse des BösenBild: IRNA Agency

Sie und andere republikanische Senatoren wollen die Sanktionen gegenüber Iran weiter verstärken. Viele Menschen in Deutschland und Europa verstehen das nicht. Wollen Sie wirklich dieses Abkommen gefährden?

Nein, wir wollen das nicht. Übrigens sind es Republikaner und Demokraten, die sagen: Wenn nach sechs Monaten kein Vertrag zustande kommt, dann werden wir die Sanktionen verstärken. Die Iraner haben seit vielen Jahren gelogen und getäuscht. Und für uns ist sehr gefährlich, ihnen das Recht der Anreicherung zuzugestehen. Aber wir werden das sechs Monate weiterlaufen lassen. Das ist laut Administration die Zeit, die sie brauchen, um einen endgültigen Vertrag auszuhandeln.

Israel hat das Abkommen einen „historischen Fehler“ genannt. Sehen Sie das auch so?

Ja, ich stimme zu, das ist ein historischer Fehler! Wir hätten die Iraner dazu bringen müssen, ihr Recht der Anreicherung zu widerrufen. Sie hätten zustimmen müssen, das bereits angereicherte Material wegzuschaffen. Und auch den Weiterbau am Reaktor in Arak einzustellen. Das wäre das Mindeste gewesen, was wir hätten tun sollen.

Wie sollte aus Ihrer Sicht ein endgültiges Abkommen aussehen?

Das Ziel sollte sein: Wenn die Iraner eine Nuklearanlage wollen, sollten wir ihnen beim Bau helfen. Aber sie sollten das angereicherte Material abgeben und den Prozess der Anreicherung einstellen. Und sie sollten alle Anlagen abbauen, auch die in den Bergen, die sie haben, die nur dazu dienen können, Atomwaffen herzustellen.

John McCain ist einer der profiliertesten Oppositionspolitiker in den USA. Der 77-jährige Republikaner war Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2008, bei der er gegen den Demokraten Barack Obama verlor. Heute gehört er zu den gemäßigten konservativen Abgeordneten im Senat.