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Hilfe per Handy

Martin Koch5. März 2013

Die Gesundheitsversorgung ist in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern ein ernstes Problem. Ärzte und ausgebildetes Personal sind Mangelware, Abhilfe sollen spezielle Mobilfunk-Angebote bringen.

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Junge Frau in Afrika mit Handy Foto: Gero Breloer +++(c) dpa - Report+++
Bild: picture-alliance/dpa

Im 38-Millionen-Einwohner-Staat Kenia ist statistisch gesehen ein Arzt für 10.000 Einwohner zuständig. Zum Vergleich: In Deutschland sorgen mehr als 30 Ärzte für die gleiche Zahl an Einwohnern. Gerade in ländlichen, wenig besiedelten Gebieten in Afrika ist die medizinische Versorgung äußerst schlecht. Ähnliches gilt für viele Regionen in Asien und Lateinamerika.

Gleichzeitig sind jedoch die Mobilfunknetze vergleichsweise flächendeckend ausgebaut. Das könnten sich Ärzte und Hilfsorganisationen zunutze machen und so Millionen Menschenleben pro Jahr retten, sagt eine jetzt auf dem "Mobile World Congress" in Barcelona vorgestellte Studie der Mobilfunkindustrie.

Erste Hilfe durch Handys

Gerade in den Bereichen Gesundheitsvorsorge und Notfallmedizin sehen Experten große Entwicklungschancen durch den Einsatz von Mobilfunkangeboten. Besonders fortschrittlich auf diesem Gebiet ist Kenia. Es gibt dort bereits eine Vielzahl von Angeboten für Smartphones, mit denen die Nutzer Gesundheitschecks durchführen, Urinproben analysieren und Blutzuckerwerte kontrollieren können. Auch für schwangere Frauen gibt es Angebote, mit denen sie fast alle Fragen in der Zeit vor und nach der Geburt beantwortet bekommen. Allerdings seien Smartphones bislang vor allem in den Großstädten wie Nairobi oder Mombasa im Einsatz, weil nur dort die Netzabdeckung gut genug sei, sagt Fred Majiwa, Pressesprecher des landesweiten Rettungsdienstes St. John Ambulance. Er fordert die Mobilfunkunternehmen auf, im gesamten Land die Smartphone-Nutzung zu ermöglichen. Dadurch könnten viele Kenianer besser lernen, was im Falle einer Notsituation zu tun sei - und damit die Arbeit der Rettungsdienste maßgeblich unterstützen: "Die ersten fünf Minuten sind extrem wichtig. Und wenn möglichst viele Leute Zugang zu Informationen hätten, was in diesen ersten Minuten nach einem Unfall zu tun ist, kann das für Kranke und Verletzte den entscheidenden Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen."

(AP Photo/Karel Prinsloo)
Viele Gesundheitschecks, auch für Kinder, kann man per Smartphone machenBild: AP

Notrufe via Facebook und Twitter

Für die tägliche Arbeit macht sich der Rettungsdienst die Tatsache zunutze, dass fast jeder Kenianer ein Handy mit Internetzugang hat. Zwar könnten die Leute auch anrufen und medizinische Hilfe in einem Notfall erhalten, doch dieser Weg der Kontaktaufnahme sei mittlerweile schon die Ausnahme, sagt Fred Majiwa: "Viel häufiger ist die Nutzung unserer speziellen Seiten auf den sozialen Plattformen Facebook und Twitter, weil man das auch mit normalen Handys nutzen kann. Die meisten kontaktieren uns auf diesem Weg." Bei Notrufen aus entlegenen Regionen schicken die Rettungsdienste nach der telefonischen Ersthilfe so schnell wie möglich einen Arzt dorthin, aber wegen der großen Entfernungen dauert das oft Stunden.

Kenianischer Krankenwagen (Foto: picture alliance / dpa)
Kenianische Rettungsdienste nutzen neue KommunikationstechnologienBild: picture alliance / dpa

Trotzdem ist es unerlässlich, kompetentes Personal vor Ort zu haben, denn telefonische Hilfe in Notsituationen hat definitiv ihre Grenzen, gibt Andreas Papp, Leiter der "Operational Support Unit" von Ärzte ohne Grenzen in Österreich zu bedenken: "Eine falsche Dosierung eines Medikaments kann natürlich auch mal negative Folgen haben und einem Ungeübten, der medizinisch nicht ausgebildet ist, kann man auch nicht erklären, wie eine Operation durchzuführen ist. Und das Prinzip in der humanitären Hilfe, das da heißt 'Do no harm!' (auf Deutsch etwa: 'Verursache keinen Schaden'), gilt natürlich auch hier." Wenn vorher nicht sehr genau überlegt werde, welche Hilfe wie per Telefon oder App gewährt wird, könne schlimmstenfalls mehr Schaden als Nutzen entstehen. Außerdem müsste, so Andreas Papp, gerade in ärztlich unterversorgten Ländern das Problem grundsätzlich angegangen werden: "Dass medizinisches Personal ausgebildet wird und auch in entlegenen Gebieten Gesundheitseinrichtungen aufgebaut werden, die mit Fachleuten besetzt und gut ausgerüstet sind und wo die medizinische Behandlung gratis ist, das würde den Menschen vor Ort mehr bringen als die Informationen, was man tun kann, mit Mobiltelefonen zu übertragen."

Bei Anruf Hilfe

Doch bis es zu einer flächendeckenden ärztlichen Versorgung in Regionen wie Afrika oder Asien kommt, können Handys eine wichtige Rolle spielen. Von großer Bedeutung dabei ist es, den Menschen die Informationen so leicht und verständlich zugänglich zu machen wie möglich. Bernd Rößle von der DW-Akademie hat 2012 die simbawische Nichtregierungsorganisation Kubatana unterstützt, die in ihrem Projekt "Freedom Fone" einen "Content-on-demand"-Dienst entwickelt hat. Es ging darum, wichtige Informationen in kurzen Beiträgen von ein bis zwei Minuten Länge so zu präsentieren, dass sie von den Anrufern auch bei schlechter Mobilfunkverbindung gut zu verstehen waren. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei das Thema Gesundheit: "Gerade bei Epidemien ist es wichtig, dass die Leute ganz schnell an aktuelle Informationen kommen und sich erkundigen können: 'Cholera, was ist das überhaupt? Wie kann ich vermeiden, dass ich mich anstecke und was kann ich tun, wenn ich mich doch irgendwie anstecke?' Das sind Fragen, die sind schlicht und ergreifend lebenswichtig in Afrika."