Megaloh bringt deutschen Hip Hop nach Afrika
11. November 2017"Das fühlt sich gar nicht an wie Afrika." Der deutsche Rapper Megaloh ordnet seine ersten Eindrücke. Gestern war er in Uganda, jetzt in Kigali, der Hauptstadt Ruandas. Und die wirkt seltsam aufgeräumt. Die Straßen im perfekten Zustand, moderne Gebäude, die in jeder Metropole der Welt stehen könnten. Plastiktüten, fliegende Händler, Straßenstände und das Tragen von Lasten auf dem Kopf - all das, was sonst das Straßenbild vieler ostafrikanischer Städte prägt, ist gesetzlich streng verboten.
Black Superman Group
Zusammen mit seinem Produzenten Ghanaian Stallion ist Megaloh auf Tournee durch Afrika, organisiert vom Goethe-Institut. Die Stationen: Uganda, Ruanda, Simbabwe, Kenia und die Demokratische Republik Kongo. Auf dem Programm stehen Konzerte und Workshops mit afrikanischen Musikern. Für die beiden eine ideale Möglichkeit, ihr bislang politischstes Album vorzustellen und zu diskutieren: Unter dem Projektnamen BSMG (Abkürzung für "Black Superman Group") veröffentlichten sie zusammen mit dem Berliner Rapper Musa "Platz an der Sonne". Darauf befinden sich Songs wie die Ode an die afroamerikanische Sprint-Legende Jesse Owens oder die Hymne "Lang lebe Afrika".
Lebensverändernde Erfahrung
Die Leiterin des Goethe-Instituts in Kigali, Katharina Hey, hat als Ort für den Workshop in Ruanda das einzige Musikinternat Ruandas ausgewählt. Das liegt drei Stunden außerhalb der Hauptstadt. Und so fährt der Konvoi raus aus Kigali ins Land der tausend Hügel, wie Ruanda auch genannt wird. Im stetigen Auf und Ab geht es vorbei an kleinen Ortschaften, sattgrünen Teeplantagen, erloschenen Vulkanen bis zum Kivu-See an der westlichen Landesgrenze. Der Workshop in der "School of Music" in Nyundo - der einzigen Ausbildungsstätte für Musiker in Ruanda - wird für Megaloh eine "life changing experience", eine "lebensverändernde Erfahrung", wie er von den Eindrücken überwältigt auf der Rückfahrt sagen wird.
Workshop in der "School of Music"
Die Kennenlernphase beginnt verhalten. 30 Schüler, die an dem Internat verschiedene Instrumente, Gesang, aber auch Musiktheorie oder elektronische Musikproduktion lernen, beäugen den deutschen Rapper neugierig. Und sind erstaunt von dem, was er erzählt: von den Schwierigkeiten, als Musiker in Deutschland seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, von den enttäuschten Erwartungen der Eltern, den ständigen Problemen mit Plattenfirmen, der Notwendigkeit, ein unverwechselbares Image aufzubauen - das kennen sie auch, und diese Schwierigkeiten hat auch ein deutscher Musiker? Das Eis ist gebrochen.
Herzklopfen vor dem "Freestyle Jam"
Megaloh bekommt selbstproduzierte Beats vorgespielt, kurze Raps. Spontan beschließen alle, im Hof ein improvisiertes Video von Megalohs Song "Lang lebe Afrika!" aufzunehmen. Und dann beginnt die Party im Schulsaal. Eine Rhythmusgruppe aus Bass, Schlagzeug und Keyboard legt den Rhythmus vor, und mit wachsender Begeisterung beginnen Schüler allein oder in Gruppen zu rappen, singen und zu tanzen. Auch Megaloh muss schließlich zeigen, was er kann. "Mir klopfte das Herz, denn ich ahnte schon, dass das kommen wird", meint Megaloh danach. "Wir proben unsere Auftritte, da ist nichts dem Zufall überlassen. Die Rhythmen hier kenne ich gar nicht. Aber ich habe mich dann einfach in den ruandischen Beat fallen lassen." Und er macht das souverän: Auf dem Höhepunkt der Jam Session steht Megaloh inmitten von tanzenden und singenden Schülern - und rappt freestyle. "Genau das wollen wir erreichen: Die deutschen Künstler sollen nicht wie ein Ufo landen und auftreten und das war's, sondern in Kommunikation treten mit den Menschen vor Ort." Katharina Hey ist zufrieden, die lange Fahrt hat sich gelohnt.
Kigali tanzt und singt
Am nächsten Tag steht das Konzert in Kigali an. Wieder erste Zweifel. Wie lange sollen wir spielen? 60 Minuten lang Hip Hop mit deutschen Texten, langweilt das das Publikum nicht? Schon beim Soundcheck ist die große Halle in einem der ärmeren Stadtteile Kigalis gut gefüllt. Megaloh und Ghanaian Stallion spielen als Headliner - die ruandische Rapperin Angel Mutoni und eine lokale Hip-Hop-Crew eröffnen und heizen das Publikum an, das die beiden Deutschen schließlich begeistert begrüßt. Megaloh verausgabt sich bis an den Rand der Erschöpfung. In kurzen englischen Ansagen erklärt er den Inhalt seiner Rap-Texte, und dann geht es ab. Mit seiner Mischung aus Authentizität und Ernsthaftigkeit und der Erfahrung aus über 20 Jahren auf europäischen Hip-Hop-Bühnen bringt er Kigali zum Tanzen und Mitsingen. Alle Sorgen umsonst gewesen! "Musik ist halt eine internationale Sprache", sagt Megaloh und grinst - nassgeschwitzt, aber glücklich. Harare kann kommen. Früh am nächsten morgen geht es bereits weiter in die Hauptstadt Simbabwes.