Rapinoe: "Das ist alles andere als fair"
7. Juli 2019Sie solle erst gewinnen, dann reden. Das erwiderte Präsident Donald Trump verärgert, nachdem Megan Rapinoe gesagt hatte, dass sie bei einem möglichen Titelgewinn "verdammt noch mal nicht ins Weiße Haus gehe werde", so wie es bei großen Sporttriumphen Tradition ist. Megan Rapinoe hat schon längst gewonnen, eben weil sie redet. Und wie sie redet: meinungsfreudig, eloquent, charmant.
Als bei der Pressekonferenz einen Tag vor dem Finale gegen die Niederlande ihr Name von der französischen Pressesprecherin völlig falsch ausgesprochen wird, reißt sie die Arme hoch, veranstaltet auf dem Stuhl sitzend ein kleines Tänzchen und sagt lachend: Das bin ich. Anders als viele Spielerinnen, Trainer und Trainerinnen oder Funktionäre wirkt sie nicht genervt. Im Gegenteil, sie freut sich, Rede und Antwort zu stehen.
Rapinoe: Kämpferin für Menschenrechte
Selbst dem Weißen-Haus-Thema weicht sie nicht aus. Würde überhaupt irgendeine der Spielerinnen eine Einladung von Trump annehmen? "Ich nicht. Ali Krieger nicht und ich gehe mal davon aus, dass nicht viele, vermutlich sogar niemand der Spielerinnen geht." Wenn Megan Rapinoe anwesend ist, werden erstaunlich wenig sportliche Fragen gestellt. Denn sie ist eine der wenigen, die offen und gerne über Menschenrechte, Diskriminierung, Gleichberechtigung und auch die FIFA spricht – und dabei kein Blatt vor dem Mund nimmt.
"Das ist eine bescheuerte Idee", sagt sie, aber selbst dabei lächelt sie. Die FIFA hat für den Finaltag der Frauen am Sonntag noch zwei weitere Endspiele angesetzt: Das der Copa America und des Gold Cups. "Hey, wir spielen ein WM-Finale, das ist ein sonst-wird-alles-andere-abgesagt-Tag", erklärt die Offensivspielerin auf Frage der Deutschen Welle. "Ich habe gehört, dass die FIFA einfach nicht darüber nachgedacht hat und genau das ist das Problem. Ich fühle seitens der FIFA nicht den gleichen Respekt wie sie ihn den Männern zeigt."
Einen Tag zuvor hatte FIFA-Präsident Gianni Infantino genau auf dem Stuhl Platz genommen, wo nun Rapinoe saß. Dort hatte der Schweizer betont, wie wichtig der Frauenfußball für ihn sei, und dass der Weltverband dieses unter anderem dadurch zeige, dass er die Prämien für diese Frauen-WM angehoben habe auf 30 Millionen und sie bei der nächsten WM nochmals verdoppeln würde. Was er verschweigt: Die der Männer steigen auch an, aber um ein mehrfaches, auf 440 Millionen, so dass die Kluft noch größer wird als sie bisher schon ist.
"Das ist alles andere als fair", sagte Rapinoe, die am Freitag ihren 34. Geburtstag feierte und damit die viertälteste Spielerin im Team ist. "Ich weiß, dass dies ein komplexes Thema ist, aber die Ressourcen sind ja da. Das ist nur eine Frage des Wollens und der Wertschätzung." Und dann kommt noch ein weiterer Seitenhieb gegen den Weltverband: "Die FIFA schafft es sogar, eine Weltmeisterschaft in Katar auszurichten – das zeigt doch die Art und Weise von Respekt."
Auf Worte Taten folgen lassen
Rapinoe, für die die WM in Frankreich wohl ihr letztes großes Turnier sein wird, gibt keine Standardantworten, sie hat keine Angst, etwas Falsches zu sagen, anzuecken, oder sich lächerlich zu machen. Sie ist selbstbewusst, auf und neben dem Platz. "Money, money, money", singt sie das ABBA-Lied nach, als sie danach gefragt wird, wie denn sichergestellt werden könne, dass der Frauenfußball nach der WM nicht direkt wieder vergessen werde.
"Wie in der Wirtschaft muss man große Investitionen tätigen, um sich für die Zukunft zu rüsten. Wir Fußballerinnen zeigen Jahr für Jahr, WM für WM, dass wir es wert sind, dass in uns investiert wird." Was die bisher fünffache Torschützin bei dieser WM so überzeugend macht: Sei kämpft längst nicht nur für sich, sie hat auf dem Platz alles erreicht - als Weltmeisterin und Olympiasiegerin - und sie ist außerhalb des Platzes eine Marke, prominent wie nur wenige Sportlerinnen in den USA. Sie weiß, dass ihre Aussagen noch mehr Gehör finden, wenn sie dies mit Erfolg untermauern kann. Ein Sieg am Sonntag gegen die Niederlande und sie würde wohl im Twitterstreit mit dem amerikanischen Präsidenten das letzte Wort haben.