Waffen für die Welt
21. Oktober 2015Die Bundesregierung hat trotz ihres Bekenntnisses zu einer restriktiven Rüstungsexportpolitik im ersten Halbjahr erheblich mehr Ausfuhren von Waffen genehmigt als im Vorjahr. Das geht aus einem Zwischenbericht des Wirtschaftsministeriums hervor, den das Kabinett nach Angaben aus Regierungskreisen beschlossen hat.
Danach wurden in den ersten sechs Monaten Einzelgenehmigungen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro erteilt - nach 2,2 Milliarden Euro im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Hinzu kamen sogenannte Sammelgenehmigungen von Rüstungsexporten, die vornehmlich EU- und NATO-Partnerstaaten betrafen, von rund drei Milliarden Euro nach knapp 520 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2014. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Exportstatistik wegen des großen Volumens einzelner Geschäfte stark schwankt. Ein Drittel der Summe entfällt auf den Export von vier Tankflugzeugen an den NATO-Partner Großbritannien. Kleinwaffen-Ausfuhren wurden deutlich weniger genehmigt.
Der Anteil der besonders umstrittenen Exporte in Drittländer außerhalb von NATO und EU lag im ersten Halbjahr mit 48,5 Prozent deutlich niedriger als im Vorjahreszeitraum mit 63,5 Prozent. "Rund ein Viertel des Wertes der Ausfuhrgenehmigungen in Drittländer ergibt sich aus einer Genehmigung für ein U-Boot nach Israel, das bereits 2003 zugesagt worden war", heißt es in dem Bericht, der der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Die Regierung argumentiert, Großgeschäfte verzerrten das Bild in der ersten Jahreshälfte. Größtes Importland bei den Einzelgenehmigungen war im ersten Halbjahr Großbritannien, gefolgt von Israel.
"Klare Regeln"
In dem Bericht heißt es: "Für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in Drittländer gibt es also klare Regeln: Der Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland wird besonderes Gewicht beigemessen." Wenn der hinreichende Verdacht bestehe, dass deutsche Waffen zur "internen Repression oder zu sonstigen, fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden", werde deren Ausfuhr nicht genehmigt.
Von der Opposition aus Grünen und Linken war Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel bereits nach dem Bekanntwerden erster Zahlen des Berichts Wortbruch vorgeworfen worden. Der außenpolitische Experte der Linkspartei, Jan van Aken, verurteilte im deutschen Fernsehen besonders die Auslieferung deutscher Waffen über Saudi-Arabien in den Jemen. Die Golf-Staaten führten Krieg im Jemen, auch mit Bodentruppen, sagte Aken. Trotzdem seien Waffen aus Deutschland geliefert worden. "Wenn ich mir vorstelle, wie viele Menschen gerade mit deutschen Waffen erschossen werden: So wie Gabriel das durchgewunken hat - das geht so nicht", sagte er.
Ähnlich äußerte sich Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger: "Die große Kehrtwende bei den Rüstungsexporten unter Sigmar Gabriel ist ausgeblieben. Der Wirtschaftsminister hätte die Chance für einen echten Politikwechsel im Sinne der Menschenrechte und des Friedens nutzen müssen, anstatt nur Sprüche zu klopfen."
Dem hielt das Ministerium entgegen, "dass die Zahlen für sich allein noch kein tauglicher Gradmesser für eine bestimmte Rüstungsexportpolitik sind". Der Vizekanzler hatte sich zu Beginn seiner Amtszeit vor zwei Jahren vorgenommen, die Waffenexporte in sogenannte Drittländer außerhalb von EU und NATO zu bremsen.
stu/se (afp, dpa, rtr)