Mehr Hilfe für hungernde Kleinbauern
25. Januar 2012Europäisches Geflügelfleisch für Benin und Ghana, europäisches Milchpulver für Burkina Faso – bis zu zehn Milliarden Euro pro Jahr ließ es sich die Europäische Union einst kosten, damit ihre Bauern die im Überfluss hergestellten landwirtschaftlichen Produkte auch auf afrikanischen Märkten verkaufen konnten. Die Folgen waren verheerend. Kein afrikanischer Bauer konnte mit den subventionierten Dumpingpreisen konkurrieren, ganze Produktions- und Erwerbszweige brachen zusammen. Zwar wurden die Exportsubventionen inzwischen auf rund 165 Millionen Euro gekürzt, abgeschafft sind sie aber nicht.
Das will die Bundesregierung jetzt erreichen. Dirk Niebel, der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung spricht von einem politischen Paradigmenwechsel: die Bundesregierung mache sehr deutlich, dass sie in der EU eine Änderung der bisherigen Politik herbeiführen wolle. "Allein die Tatsache, dass wir uns als Bundesregierung dafür entschieden haben, heißt nicht, dass wir uns gleich durchsetzen werden, aber es ist ein ganz klares Signal einer ganz wichtigen Wirtschaftsnation, die auch auf Exporte angewiesen ist", so der Minister.
Nachhaltige ländliche Entwicklung
Nicht nur in Deutschland hat sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Hunger in der Welt nur durch eine konsequente Förderung der regionalen landwirtschaftlichen Produktion bekämpft werden kann. Eine späte Einsicht, wurde dieser Bereich in den letzten fünfzehn Jahren doch geradezu stiefmütterlich behandelt. Mit 700 Millionen Euro fließen nun aber schon wieder elf Prozent der deutschen Entwicklungshilfe in die ländliche Entwicklung und Ernährungssicherung – das ist doppelt so viel wie noch vor fünf Jahren.
Häufig produzieren die Kleinbauern in den Entwicklungsländern nur für ihren eigenen Bedarf. Sie brauchen Unterstützung, um nicht nur effizienter zu werden, sondern auch, um für einen Markt zu produzieren und somit ein eigenes Einkommen zu erzielen. Landwirte seien Kleinunternehmer, so Niebel. "Wenn unsere Partnerländer im Süden ernsthaft die Förderung der Privatwirtschaft angehen wollen, dann müssen sie bei den Landwirten beginnen."
Entwicklungshilfe in zehn Punkten
Um erfolgreich zu sein, müssen die Kleinbauern ausgebildet werden und sie brauchen vor allem Zugang zu Land, Wasser und hochwertigem Saatgut. Auch im ländlichen Raum muss es eine politische Ordnung und eine Verwaltung geben, die Rechte durchsetzt und es muss eine Infrastruktur geschaffen werden, damit die Ernte richtig transportiert und gelagert werden kann. Alle diese Bereiche sind Teil eines neuen Zehn-Punkte-Plans, mit dem Minister Niebel den Rahmen für die deutsche Entwicklungspolitik der nächsten zwei Jahre absteckt.
Neben der Ankündigung, Nothilfe nach Katastrophen in Zukunft besser mit langfristig wirksamen Vorsorgemaßnahmen zu verzahnen, gehört zum neuen Programm auch das Thema "Landgrabbing", also der Aufkauf großer Agrarflächen in armen Staaten durch internationale Konzerne. Private Investitionen in ländlichen Räumen in Entwicklungsländern müssten in jedem Fall möglich sein, so der FDP-Politiker, aber nur unter Wahrung fester Rahmenbedingungen.
Brachland kann sich keiner mehr leisten
Wenn auf dem gepachteten Land Menschen leben würden, dann müssten sie in die Produktion mit einbezogen werden und dürften auf keinen Fall vertrieben werden. Bei der Vergabe von Landtiteln und Pachtverträgen müsse Transparenz herrschen. Es müsse klar erkennbar sein, welche Flächen vergeben wurden, wie groß sie seien und welche Zahlungen geflossen seien, um Korruption zu verhindern.
Landwirtschaftlich nutzbare Flächen dürften nicht brachliegen. Andererseits, so Niebel, müsste stets sichergestellt sein, dass aus einem Land, in dem die Bevölkerung nicht ausreichend ernährt werden kann, keine landwirtschaftlichen Erzeugnisse exportiert werden.
Autorin: Sabine Kinkartz
Redaktion: Bettina Marx