Tibeter stehen hinter dem Dalai Lama
19. Februar 2010Vor den letzten Gesprächen Ende Januar in Peking waren viele Tibeter optimistisch: Chinas Eingeständnis, dass Gespräche von Nöten seien, sei doch ein positives Zeichen. Doch auch die neunte Gesprächsrunde zwischen der chinesischen Regierung und Gesandten des Dalai Lama endete ergebnislos: Peking lehnte erneut alle tibetischen Forderungen nach Autonomie rigoros ab.
Unter den Tibetern löste das Frust und Enttäuschung aus.
"Ich würde sagen, dass die chinesische Regierung die gleiche Haltung einnimmt, wie seit jeher," kommentierte der Vertreter des Dalai Lama in Nord- und Südamerika, Lobsang Nyandak. "China war nie für die Sache der Tibeter. Und das genau ist der Grund, weshalb der Dialogprozess sich nicht in eine positive Richtung entwickeln konnte. Die Tibeter sind wirklich enttäuscht von der engstirnigen Haltung Chinas."
Hoffen auf Veränderung
Trotzdem stehe die Mehrheit der Tibeter nach wie vor hinter dem Dalai Lama, sagt Thierry Dodin, ein Tibet-Experte und langjähriger Beobachter der Gespräche zwischen China und den tibetischen Vertretern. "Die meisten erwarten, dass er die Probleme schon irgendwie lösen wird. Aber die Menschen denken auch realistisch genug, um zu verstehen, dass Wunder in der Politik äußerst selten sind. Ich glaube allerdings, dass die Gespräche mehr gebracht haben, als man denkt."
Auch unter Exiltibetern überwiegt die Sympathie für die Dialogpolitik des Dalai Lama. Der Tibeter Lobsang Tenpa lebt in Bonn und bestätigt, dass die Mehrheit der Exiltiberter eher den so genannten "mittleren Weg" für Autonomie unterstützt als die völlige Unabhängigkeit von China. "Ich kenne einige junge Tibeter, die eine radikalere Einstellung zu den chinesisch-tibetischen Beziehungen haben", erzählt Tenpa, "aber ich glaube nicht, dass sie jemals Gewalt anwenden werden. Denn sie wissen, dass man dazu vor allem Ressourcen bräuchte - und die haben wir nicht. Außerdem verhindert der Einfluß der Religion den Einsatz von Gewalt."
Chinas ewig gleiche Reaktion
Die allgemeine Auffassung unter Tibetern scheint zu sein, dass man mehr bekommt, wenn man weniger verlangt. Ganz im Gegensatz zur Haltung der chinesischen Regierung, die bald nach dem Dialog mit der tibetischen Exilregierung erneut heftige Kritik am bevorstehenden Treffen zwischen dem Dalai Lama und US-Präsident Obama übte.
Peking verwende zwar starke Worte, doch Thierry Dodin meint, es gebe wenig Grund zur Sorge: "In der Politik, und vor allem in der chinesischen Politik, gibt es immer Theater. Die chinesische Regierung wusste schon lange, dass dieses Gespräch stattfindet. Sie mögen es nie, wenn Staatschefs mit dem Dalai Lama sprechen, aber sie wissen auch ganz genau, dass sie nicht in der Lage sind, es zu verhindern. Negative Konsequenzen sehe ich da keine."
Auch der Dalai Lama-Vertreter Lobsang Nyandak ist im Prinzip optimistisch. "China hat sich in den letzten 50 Jahren verändert und ändert sich immer noch," sagt er. "Ich glaube, es gibt immer mehr Chinesen, die Freiheit und Gerechtigkeit in Tibet sehen wollen. Wir haben also allen Grund, optimistisch zu sein, auch wenn es noch etwas dauern wird. Es ist bloß eine Frage der Zeit - am Ende wird die Wahrheit siegen."
Autorin: Sarah Berning
Redaktion: Nicola Reyk