Pro EU-Beitritt
28. September 2010Das Verhältnis der Ukrainer zu Europa und der Europäischen Union war ein zentraler Teil im ersten DW-Trend, den das Marktforschungsinstitut IFAK Ukraine im Auftrag der Ukrainischen Redaktion der Deutschen Welle Anfang September nach repräsentativen Methoden in der Ukraine durchgeführt hat.
Mehrheit für EU-Beitritt innerhalb von zehn Jahren
Im DW-Trend befürwortet eine deutliche Mehrheit der Ukrainer den EU-Beitritt. Nur eine kleine Minderheit von 17 Prozent ist gegen eine EU-Mitgliedschaft. Auf die Frage, wann die Ukraine der EU beitreten sollte, damit die Mitgliedschaft am günstigsten wäre, meinen 53 Prozent der Ukrainer, ihr Land sollte innerhalb der nächsten zehn Jahre beitreten. Weitere 12 Prozent befürworten den Beitritt in 10 bis 20 Jahren. Acht Prozent sind für einen Beitritt in 20 Jahren oder später. Nur 10 Prozent machen keine Angaben oder haben sich zu dem Thema keine Meinung gebildet.
Auch im Osten und Süden viele Beitrittsbefürworter
Die Zahl der EU-Beitrittsgegner ist in der traditionell eher pro-russischen Süd-Ukraine (20 Prozent) und Ost-Ukraine (24 Prozent) deutlich größer als im mehr europäisch-orientierten Zentrum (10 Prozent) und Westen (5 Prozent) des Landes. Aber: Auch im Osten und Süden des Landes liegt die Zahl der Beitrittsbefürworter deutlich über der der Beitrittsgegner. Es fällt auf, dass im Westen, Zentrum und auch im Osten eine deutliche Mehrheit der Ukrainer meint, ein EU-Beitritt innerhalb von zehn Jahren sei am günstigsten (West-Ukraine = 62 Prozent, Zentrum = 66 Prozent, Ost-Ukraine = 50 Prozent). Lediglich im Süden der Ukraine ist der Anteil der Beitrittsbefürworter innerhalb von zehn Jahren mit 36 Prozent niedrig.
Wirtschaftliches Wachstum und Investitionen im Vordergrund
Der DW-Trend hat außerdem ergeben, dass die EU in der Ukraine überwiegend als Wirtschafts- und Sicherheitsgemeinschaft gesehen wird. Wirtschaftliches Wachstum (mit 50 Prozent die häufigste Nennung) und die Entwicklung eines gemeinsamen Sicherheitssystems (mit 30 Prozent die zweithäufigste Nennung) gehören zu den wichtigsten Werten und Zielen, die die Ukrainer sowohl mit der Europäischen Union verbinden als auch für sich selbst als persönlich wichtig definieren. Politische Grundwerte der EU wie Demokratie und Meinungsfreiheit sowie die Entwicklung einer gemeinsamen europäischen Kultur und Identität werden nur von einer Minderheit der Befragten mit der EU verbunden und auch als persönlich wichtiges Ziel angesehen.
Konkrete wirtschaftliche Interessen und auch das Thema Visafreiheit stehen im Vordergrund der Erwartungen der Bürger, wenn danach gefragt wird, was die Ukraine in ihren Beziehungen zur EU anstreben sollte. 55 Prozent der Befragten nennen höhere Investitionen und mehr Warenaustausch als Ziel, das die Ukraine vorrangig erreichen solle. An zweiter Stelle der Erwartungen an die Politik steht die visafreie Einreise in die EU (47 Prozent). Anderen Zielen wie einer EU-Mitgliedschaft (16 Prozent) und engeren Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen (15 Prozent) wird eine deutlich niedrigere Priorität eingeräumt.
Ukrainer wünschen Visafreiheit
46 Prozent der Befragten geben an, sie würden häufiger in die EU reisen, wenn Visa-Schranken wegfielen. Nur 6 Prozent haben kein Interesse daran, häufiger in die EU zu reisen. 43 Prozent würden nicht häufiger in die EU fahren, weil ihnen die finanziellen Mittel fehlten. In der West-Ukraine ist der Anteil der Bürger, die eine visafreie Einreise in die EU fordern, mit 63 Prozent am höchsten im Vergleich zu allen anderen ukrainischen Regionen.
Methode der Umfrage
Die Befragung wurde bevölkerungsrepräsentativ in der Ukraine durchgeführt. Es wurden 1000 Personen an 35 Sample-Points in der gesamten Ukraine im Zeitraum vom 01. September bis zum 13. September befragt. Die Gesamtheit der Befragten entspricht der Bevölkerungsstruktur der Ukraine.
Autoren: Bernd Johann, Sergey Govoruha, Volodymyr Medyany
Redaktion: Markian Ostaptschuk