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Politik

Von Frauenfeinden und Schwulenhassern

Krsto Lazarevic
5. April 2019

Vor den Europawahlen versucht der politisch rechte Rand mit dem Thema "Familie" die Mitte für sich einzunehmen. Wir müssen uns ihnen entgegenstellen, meint unser Kolumnist Krsto Lazarevic.

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Krsto Lazarevic
Bild: Privat

Es klingt so freundlich und harmlos: Weltkongress der Familien. Wer würde bei dem Namen auf die Idee kommen, dass es sich um eines der wichtigsten Netzwerktreffen von Schwulenhassern, Abtreibungsgegnern und Antifeministen weltweit handelt.

Sie trafen sich in einem prächtigen Palast im Zentrum Veronas, um gegen die zivilisatorischen Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte zu demonstrieren. Zur Verfügung gestellt wurde den Veranstaltern die Halle von der Stadt Verona, die sich im Oktober zur "Stadt des Lebens" ernannt hat. Auch das klingt freundlich, bedeutet aber konkret, dass man Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden haben, das Leben zur Hölle macht.

Familie! Welche Familie?

Was bei diesem Kongress gesagt wird, hat oft erstaunlich wenig mit dem Schutz der Familie zu tun. Die Evolution wird wiederholt in Frage gestellt, ein Teilnehmer meint, es sei falsch gewesen die Rassentrennung an Schulen in den USA aufzuheben, der evangelikale ukrainische Parlamentsabgeordnete Pavlo Ungurjan wünscht sich einen "europäischen Bible Belt von Italien, über Rumänien, Kroatien, Ungarn, bis in die Ukraine". Immer wieder betonen sie, die Familie sei die Grundlage der Gesellschaft. Das stimmt. Die Familie ist aber auch die Grundlage des Faschismus. Je nachdem, welches Familienbild man hat.

Verona World Congress of Families Abtreibungsgegner
Ein wichtiges Netzwerktreffen von Schwulenhassern, Abtreibungsgegnern und Antifeministen Bild: Getty Images/AFP/F. Monteforte

Wer glaubt, es sei gut einem autoritären Vater unkritisch Gehorsam zu leisten, der glaubt auch eher, es sei richtig einen Führer zu haben, der an demokratischen Prozessen vorbei für das Volk entscheidet. Im Familienbild eines Menschen spiegeln sich seine politischen Überzeugungen und seine Anfälligkeit für totalitäre Ideologien.

Ein Diskurs der Verlogenheit

In Anlehnung an den gleichnamigen Song der Scorpions lautete das Motto des Kongresses "Wind of Change" - und genau den wünschen sich die Veranstalter auch: Einen Windstoß, der die liberalen westlichen Demokratien hinweg bläst.

Die Teilnehmer halten nicht viel von der Politik in Ländern wie Schweden, Norwegen oder Südkorea, die verhältnismäßig gut abschneiden, wenn in Indizes erhoben wird, wie weit Staaten derzeit bei der Gleichstellung von Frauen und Männern sind. Nein, als Vorbild werden Staaten wie Ungarn und Brasilien genannt, deren rechte Regierungen eine rückwärtsgewandte Familienpolitik betreiben und in denen ethnische und sexuelle Minderheiten nichts Gutes vom Staat zu erwarten haben. Auch die ungarische und die brasilianische Familienministerinnen sprachen bei dem Treffen.

Zu den Gästen gehörte auch Radoš Pejović von der rechtsradikalen serbischen Partei Dveri, welche den verurteilten Völkermörder Ratko Mladić glorifiziert und die Ermordung von 8.000 Muslimen als "Befreiung Srebrenicas" bezeichnet. Es ist schon ein großer Grad an Verlogenheit, wenn solche Menschen behaupten, "ungeborenes Leben" schützen zu wollen.

Das liberale Europa angreifen

Es ist kein Zufall, dass dieses Netzwerktreffen kurz vor den Europawahlen in einem Gründungsstaat der EU stattgefunden hat. Die Veranstalter zeigen damit, dass nicht nur kleine EU-Länder wie Ungarn anfällig für rechtsautoritäre Entwicklungen sind, wo der Kongress 2017 mithilfe von Viktor Orbán und seiner Partei Fidesz stattfand, sondern ganz Europa.

Proteste gegen Weltfamilienkongress in Verona
Protest gegen Weltfamilienkongress in VeronaBild: picture-alliance/dpa/C.Martinelli

Sie wollen das liberale Europa kurz vor den Wahlen nicht vom Rand aus, sondern direkt in der Mitte angreifen. Unterstützt von einer Regierungspartei des viertgrößten EU-Landes. Denn auch Matteo Salvini von der Lega war bei dem Treffen. Die von der Lega regierte Region Venetien hat das Treffen mitfinanziert. Die Vernetzung am rechten Rand, die offene Hetze gegen Schwule und Lesben und der Angriff auf die Grundrechte von Frauen. Das alles wird von den italienischen Steuerzahlern mitfinanziert.

Krsto Lazarevic ist in Bosnien-Herzegowina geboren und floh als Kind mit seiner Familie nach Deutschland. Heute lebt er in Berlin, arbeitet als Journalist und Publizist und schreibt für verschiedene deutschsprachige Medien.