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Mein Wacken 2016

Silke Wünsch7. August 2016

Das W:O:A ist zu Ende - zum 27. Mal haben 80.000 Menschen eines der größten Metalfestivals der Welt gefeiert - voller extremer Musik, Sonne, Regen, Bier und Schlamm. Unsere Reporterin Silke Wünsch war mittendrin.

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Wacken Open Air 2016, Whitesnake auf der Bühne (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/A. Heimken

Über den Wiesen vor dem norddeutschen Dorf Wacken liegt noch dieser typische Wacken-Geruch: eine Mischung aus Schlamm, Kuhdung, Bier und Urin. Der Geruch scheint trotz Duschen an allem zu kleben: an der Kleidung, an den Haaren und vor allem an den Gummistiefeln.

Vier Tage war ich im Metal-Himmel, habe mich dauerbeschallen lassen, mich von Grillwürsten und Nudeln ernährt, wurde nassgeregnet und von der Sonne wieder getrocknet. Nach Feierabend gab es natürlich auch ein Bier - das gehört dazu. Ich habe schwarze T-Shirts mit den Emblemen ultraböser Bands getragen und meine Hose war vom ersten Tag an mit Schlamm befleckt - Wacken eben. Vier Tage außerhalb der Zivilisation - und dennoch mittendrin.

Wacken ohne Netz

Ich habe zwei Laptops und eine Kamera durch die Gegend geschleppt, saß im engen Produktionsbus der DW oder im Pressezelt, an zugemüllten Tischen zwischen anderen Presseleuten, Musikern und V.I.P.s. Hier und da lag auch jemand in der Ecke, um seinen Rausch auszuschlafen. WLAN gab es nur dort, telefonieren war kaum möglich. Netzprobleme auf dem ganzen Festivalgelände und auf dem Campingplatz sowieso. Improvisation war angesagt; etwa Hotspots mit funktionierenden Handys einrichten, oder sich von irgendjemandem ein Telefon ausleihen, das Empfang hatte, um zu kommunizieren.

Internationale Metalszene traf sich in Wacken

Trotzdem habe ich wieder viel gesehen und vor allem gehört. Ich habe mir die grausamsten Death-Core-Speed- etc-Bands angeguckt, habe mir vorher völlig unbekannte Industrial- und Punkbands reingezogen und durfte Klassiker wie Iron Maiden, Blind Guardian oder Whitesnake auf den Bühnen von Wacken erleben. Besonders spannend war der (vom DW-Magazin PopXport unterstützten) Wacken Metal Battle. Hier traten 27 Bands aus der ganzen Welt gegeneinander an. Ich hatte das große Vergnügen, mit Lynchpin aus Trinidad über das Festivalgelände zu ziehen und die Death Metalband Overthrust aus Botswana zu interviewen. Gerade die "Exoten" machen Wacken besonders interessant: Sie kommen aus Ländern hierher, denen man eine lebendige Metalszene nicht zutraut. Sie alle präsentierten sich beim W:O:A und überraschten Fans und Kollegen mit amtlichem Sound.

Wacken Open Air 2016, Gewinnder des Metal Battle (Foto: S. Wünsch)
Die Gewinner des Wacken Metal Battle "Zombies ate my Girlfriend"Bild: DW/S. Wünsch

Die Wacken Foundation, die den Metal Battle initiiert hat, kümmert sich intensiv um den internationalen Nachwuchs und will die Metalszene in allen Ländern stärken. Wacken macht es Bands aus anderen Kontinenten möglich, sich einem großen Publikum zu präsentieren - wer zum Metal Battle eingeladen wird, dem wird die Reise bezahlt. Gewonnen hat in diesem Jahr die Band "Zombies ate my Girlfriend" aus Südafrika.

Mit Overthrust zeigte sich erstmals ein schwergewichtiger Vertreter der afrikanischen Metalszene. Die vier Jungs aus Gabarone verstehen sich als Botschafter der afrikanischen Metaller. Wacken wird im kommenden Jahr einen verstärkten Fokus auf afrikanische Bands legen. Sänger Vulture Thrust hat mir einen Crashkurs im "Growlen" gegeben: Die Stimme ganz tief unten aus dem Bauch kommen lassen. Und böse gucken. Das können alle Metalbands - zumindest fürs Foto oder auf der Bühne. Unterhält man sich mit ihnen, sind sie herzlich, gut gelaunt und lachen viel.

Wacken Open Air 2016, die deutsche Band The Other mit Masken (Foto: S. Wünsch)
Garantiert keine Karnevalsmusik: Zwei Mitglieder der Kölner Band "The Other"Bild: DW/S. Wünsch

Wacken ist wie eine riesige Familie

Auch das gehört zur Metalszene: Alle sehen furchtbar grimmig aus. Spricht man die Leute an, antworten sie freundlich, sind hilfsbereit und entschuldigen sich, wenn sie aus Versehen jemanden anrempeln. Von Satanismus und Brutalität keine Spur - das ist nur die Fassade, hinter der sich eine Kultur entwickelt hat, die familiärer und zusammengehöriger kaum sein kann.

Metalmusik fast rund um die Uhr, nasse Zelte, Schlamm - in manchen Jahren auch Staub - und Bier: Das ist die Rezeptur, die jedes Jahr aufs Neue 80.000 Musikfans nach Wacken lockt. Seit 27 Jahren. Und ein Ende ist nicht in Sicht.