Es ist eine trockene kleine Mitteilung. Aber es geht um einen wichtigen Schritt: Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) trennt sich von der Deutschen Muslimischen Gemeinschaft (DMG). Damit schließt der 1993 entstandene Zentralrat, einer der großen islamischen Dachverbände im Land, eines seiner Gründungsmitglieder aus.
In der knappen Mitteilung zur Entscheidung nennt der Zentralrat keine Begründung für den vollzogenen Schnitt. Erwähnt wird allein, dass die ZMD-Vertreterversammlung das Votum mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit gefällt habe. So bleibt Raum für Spekulationen. Mag sein, dass die Deutsche Muslimische Gemeinschaft (DMG) sich Klärungen im Dachverband verweigerte. Aber wichtiger ist, dass sie seit langem der Muslimbruderschaft zugerechnet und vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
Trennung von einem schwierigen Mitglied
Die DMG ist nicht die einzige umstrittene Größe im Zentralrat. Da gibt es auch das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), das wegen seiner Nähe zur iranischen Führung vom Verfassungsschutz der Hansestadt beobachtet wird. Und doch kann die jetzige Entscheidung des Zentralrats eine entscheidende Wegmarke sein. Ein Ausschluss ist keine spontane Entscheidung. Wer mal in einem Verein oder einer Partei aktiv war und miterlebt hat, wie juristisch schwierig der Ausschluss eines Mitglieds oder einer internen Gruppe ist, kann das nachvollziehen.
Der Zentralrat trennt sich jedenfalls von zumindest einem schwierigen Mitglied. Mag sein, dass das manches Gespräch wieder leichter macht. Und die Landschaft der islamischen Verbände in Deutschland, wo inzwischen mehr als fünf Millionen Muslime leben, bleibt in Bewegung. Auch in der anhaltenden Suche, dauerhaft seriöse Gesprächspartner für Staat und Gesellschaft zu bieten.
Nicht zuletzt ist diese aktuelle Entwicklung ein Argument für die zeitnahe Fortsetzung der Deutschen Islamkonferenz, die ja ebenfalls Klärungsprozesse voranbringen und den künftigen Weg ausloten will. Vor knapp zwei Wochen kündigte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) an, die erstmals 2006 gestartete Islam-Konferenz "weiterführen und mit mehr Leben füllen" zu wollen. Sie sprach von einem "zentralen Forum des Dialogs mit Muslimen". Es mag durchaus ein Vorteil sein, dass die Ministerin zuvor lange Jahre auf Landesebene, in Hessen, Politik mitgestaltet hat. In dem Bundesland gibt es bewährte Formen des Dialogs.
Was macht Ministerin Faeser?
Nach der Bundestagswahl 2017 dauerte es gut 14 Monate bis zum Neustart der Islam-Konferenz. Quälend lange. Angesichts der definierten Befristung auf die jeweilige Wahlperiode beschränkte das sogleich die Erfolgsaussichten.
Nun hat Markus Kerber das Bundesinnenministerium verlassen und wechselt in den Stab von Parteichef Friedrich Merz bei der CDU. Kerber, das ist jener Staatssekretär, der einst im Jahr 2006 unter dem damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble wesentlichen Anteil am Zustandekommen der ersten Islam-Konferenz hatte und - nach einem Intermezzo in der Wirtschaft - 2017 als Motor für das Thema ins Ministerium zurückkehrte.
Nun wird es von kaum zu überschätzender Bedeutung sein, wie Ministerin Faeser ihr Haus bei diesem Thema personell aufstellt und ihre Ankündigungen in die Tat umsetzt. Hoffentlich rascher als ihr Vorgänger Horst Seehofer im Jahr 2018.