Dämpfer für Präsident López Obrador
Für mexikanische Verhältnisse war dieser Sonntag ein geradezu friedlicher Wahltag. Die Zahl der Todesopfer lässt sich an den Fingern einer Hand abzählen. Allein das ist ein erster Erfolg.
Von den 162.000 Wahllokalen, die für die Stimmabgabe eingerichtet wurden, konnten nur 30 aus irgendeinem Grund nicht öffnen. Das bedeutet, dass 99,91 Prozent der Wahllokale ordnungsgemäß und friedlich funktioniert haben. Das ist der zweite Erfolg.
Ungewöhnlich hohe Wahlbeteiligung
Von den 93 Millionen Mexikanern, die aufgerufen waren, Tausende von öffentlichen Ämtern neu zu besetzen - 500 Abgeordnete der Abgeordnetenkammer, 15 von 32 Gouverneuren, 30 regionale Parlamente und fast 2.000 Stadträte - haben mehr als 50 Prozent von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Das heißt, mehr als 47 Millionen Bürgerinnen und Bürger sind unter den Bedingungen einer Pandemie wählen gegangen. Die Wahlbeteiligung war ungewöhnlich hoch. Durchaus möglich, dass am Ender der Auszählung sogar die höchste Beteiligung bei Zwischenwahlen in Mexiko festgehalten wird. Zweifelsohne ein weiterer Erfolg.
Noch nie zuvor wurde im Land eine so hohe Zahl von Frauen in ein Gouverneursamt gewählt. Das traditionelle Bild von männlichen Gouverneuren als mächtigsten Exekutivorgane nach dem Präsidenten verändert sich damit für immer. Mindestens vier der 15 Bundesstaaten, die eine neue Spitze gewählt haben, werden künftig von einer Frau repräsentiert. Der Weg von Frauen in hohe und höchste Positionen geht also weiter. Dies ist Erfolg Nummer vier.
Der umfangreichste Urnengang in der Geschichte Mexikos ist im Wesentlichen ein Erfolg der Bürgerinnen und Bürger. Sie haben gezeigt, dass sie in Frieden und Harmonie abstimmen können und die Gesetze respektieren. Damit haben sie eine starkes Signal zugunsten der Demokratie und eine klare Botschaft an die Regierung gesandt: Garantiert auch ihr die Rechte und die Sicherheit von uns Bürgerinnen und Bürgern!
Klare Botschaft an den Präsidenten
Ob sich nun in Mexiko nach diesen Wahlen ein neues politisches Kräfteverhältnis entwickelt, ist noch ungewiss. Aber für den amtierenden Präsidenten Andrés Manuel López Obrador war diese Zwischenwahl keineswegs ein Erfolg. Er und seine Morena-Partei haben einen deutlichen Dämpfer erhalten. Am deutlichsten wird der politische Trend in der Hauptstadt Mexiko-City sichtbar: Nach über 20 Jahren wird sie erstmals nicht von einer linken Partei regiert.
Erst nach und nach werden die Auswirkungen dieses Großwahltages auf die zweite Hälfte der sechsjährigen Amtszeit von Präsident López Obrador sichtbar. Aber eines ist klar: Die mexikanischen Wählerinnen und Wähler haben mit Blick auf die Präsidentschaftswahl 2024 klar gemacht, dass die Regierung von López Obrador keine freie Hand hat, um nach Belieben die Verfassung zu ändern. Auch sie muss die demokratischen Regeln respektieren.