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Euro 2022 als Wendepunkt für den Fußball

McKenna - Klein Nicholas Kommentarbild App
Nicholas McKenna-Klein
31. Juli 2022

Die Euro 2022 war eine Achterbahnfahrt für alle Beteiligten und wird den Fußball wohl grundlegend verändern. Nick McKenna-Klein ist froh, dass dieses Turnier die Menschen zum Reden und Umdenken gebracht hat.

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Jubel Alexandra Popp nach ihrem Tor gegen Österreich
EM-Star Alexandra Popp (r.): Die deutsche Torjägerin hat bei der Euro 2022 für Gänsehaut-Momente gesorgtBild: Dylan Martinez/REUTERS

Wie im Vorfeld eines internationalen Fußballturniers der Frauen üblich, hielt sich das Interesse an der Euro 2022 zunächst in Grenzen. Das sollte man nicht falsch verstehen: Es war deutlich mehr als in der Vergangenheit, aber nichts im Vergleich zu einem Männerturnier. Aber vielleicht war das sogar gut so. Warum? Weil es bedeutete, dass die EM zunächst unter dem Radar fliegen konnte und dann alle umso mehr von den Socken gehauen hat.

Für Menschen, die den "Frauenfußball" regelmäßig verfolgen, von dem man bis zu diesem Turnier immer noch umständlich sprach, um ihn zum Fußball (der Männer) abzugrenzen, mag das keine Überraschung sein. Aber für diejenigen, die das nicht tun, war es eine. Viele Zuschauende, Lesende und Zuhörende waren sicherlich verblüfft von der Qualität des Fußballs, der ihnen geboten wurde. Gut so, finde ich.

Popp-Stars, Löwinnen und Vorbilder

Dieses Turnier und seine Top-Spielerinnen haben die Fans in ihren Bann gezogen und sie auf eine Achterbahnfahrt mitgenommen. Ob es Englands "Lionesses" waren, die mit ihrem Vollgasfußball Tor um Tor erzielten und selbst den neutralsten Fan in Atem hielten. Oder Deutschlands Torjägerin Alexandra Popp, die mit 31 Jahren nach jahrelangen Verletzungen und Rückschlägen ihr Debüt bei der Europameisterschaft gab und in jedem Spiel traf, bis sie auf tragische Weise das Finale verpasste und zusehen musste, wie England sich den EM-Titel sicherte.

Nick McKenna-Klein
Nick McKenna-Klein

Mein Vater, ein Deutscher, mittlerweile Mitte 70, der im Laufe der Jahre viele Erfolge der Nationalmannschaft der Männer miterlebt hat, schrieb mir nach Popps zweitem Tor gegen Frankreich im Halbfinale eine SMS: "Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal ein deutsches Tor so gefeiert habe. Sie ist fantastisch! Sie sind alle fantastisch!"

Es sind solche Geschichten, wie sie sich bei dieser Euro 2022 abgespielt haben, die die Herzen der Zuschauer erobern. Und wenn die Spielerinnen einen Rentner mit knirschenden Knien und steifem Rücken dazu bringen können, so ausgelassen zu feiern wie seit Jahren nicht mehr, dann können sie auch auf die Kinder und Jugendlichen, die zuschauen und mitfiebern, eine inspirierende Wirkung haben.

Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie das nächste Mal Kinder beim Fußballspielen sehen und die Namen auf den Trikots nicht mehr Messi, Ronaldo oder Neuer lauten, sondern Popp, Mead oder van Domselaar.

Einschaltquoten und Löhne

Die Euro 2022 hat einen massiven Anstieg der Zuschauerzahlen erlebt, und zwar nicht nur in den Stadien, wo Rekorde gebrochen wurden, sondern auch auf den heimischen Sofas. Fast 18 Millionen Menschen verfolgten in der ARD das Finale zwischen Deutschland und England - ein Marktanteil von 65 Prozent an diesem Abend. Rekord in Deutschland für ein Fußballspiel der Frauen. 

Es ist bedauerlich, dass das Endspiel nicht zur Hauptsendezeit im Fernsehen übertragen wurde und dass es zeitgleich mit der ersten Hauptrunde im DFB-Pokal der Männer stattfand. Wegen der Männer-WM in Katar im November startete die Saison früher als üblich - aber das ist ein Thema für sich. Andererseits musste die Euro 2022 dafür nicht mit einer Sommer-Weltmeisterschaft der Männer um die Aufmerksamkeit der Fans konkurrieren.

Zwei Mädchen auf der Tribüne halten Plakate mit den Namen der deutschen Spielerinnen hoch
EM-Spielerinnen als Vorbilder für Mädchen die selbst Fußball spielen, oder wegen ihnen damit anfangenBild: Wunderl/BEAUTIFUL SPORTS/picture alliance

Dennoch muss der nächste Schritt darin bestehen, aus diesem Erfolg Kapital zu schlagen und grundlegende Änderungen vorzunehmen. Für Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ist klar: "Wir wollen mehr Chancengleichheit, bessere Stadien, wir wollen mehr Zuschauer, wir wollen mehr Sendezeit im Fernsehen, bessere Anstoßzeiten." Auch die Infrastruktur, die Trainingsbedingungen und die Lohnstrukturen müssen angegangen werden.

Wie geht es weiter?

Es wird immer Leute geben, die, aus welchen Gründen auch immer, gegen den Fußball der Frauen sind, und nichts wird ihre Meinung ändern. Das ist wirklich schade für sie, denn sie verpassen einiges: hohe Energie, viel Action und pure Emotionen.

Es ist ein entscheidender Moment für den Frauenfußball. Die nationale Saison beginnt nächsten Monat, die Champions League folgt bald darauf, bevor 2023 mit der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland der nächste Höhepunkt ansteht. Ehrlich gesagt, kann ich es schon jetzt kaum erwarten.

Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.